„Wenn Sie ein Tier wären, welches Tier wären Sie dann?“ – Sinn und Unsinn in Bewerbungsgesprächen

Ich wurde vor kurzem angesprochen, ob b+p Beratung und Personal eigentlich auch Seminare anbietet, die einem Fachvorgesetztem helfen, Vorstellungsgespräche noch besser zu führen. Er meinte, unsere Gespräche seien immer so schön strukturiert, von der Atmosphäre her nett und freundlich und trotzdem würde man alles erfahren, was man wissen muss, um den besten Kandidaten auszuwählen.

Es stimmt wahrscheinlich, dass man als Personaler Gespräche anders vorbereitet als das ein Fachvorgesetzter tut. Das ist aber auch normal, denn dieser Mensch kennt sich in seinem „Fach“ besser aus und der Personalfachmann eben im Bereich „Personal“.

Ich persönlich bin kein Fan von Fragen, wie der im Titel Erwähnten. Einer meiner Kunden stellt diese immer sehr gerne, um die Reaktion des Kandidaten zu sehen. Ob sich aus der Antwort wirklich etwas herleiten lässt, habe ich noch nicht erkannt.

Ich mag eine klare Struktur und vergleichbare Vorstellungsgespräche, d.h. jeder Kandidat bekommt in etwa dieselben Fragen gestellt. Ich dokumentiere alle Ergebnisse sofort und gebe eine entsprechende Bewertung für mich selbst ab. Hierbei verwende ich eine Skala von 1-10. Das macht es mir möglich, die Gespräche im Nachgang, auch noch nach 2 Wochen Pause, Revue passieren zu lassen.

Wie sieht ein solches Gespräch beispielhaft aus:

Ich eröffne das Gespräch nach einem kleinen Smalltalk mit einem Abriss über das Vorgehen. Nachdem ich mir die Zustimmung eingeholt habe, dass ich das Gespräch für mich dokumentieren darf, stelle ich beispielhaft folgende Frage:

„Mit welchen Gedanken und Erwartungen sind Sie denn zu diesem Gespräch gekommen?“

Das ist für viele Bewerber keine einfache Frage. Sie zeigt aber schon zu Beginn, wie kommunikativ und selbstsicher ein Kandidat ist. Sie zeigt zudem, wie gut er sich vorbereitet hat. Ein weiterer Vorteil ist, dass Sie das Gespräch im weiteren Verlauf auf den Kandidaten besser zuschneiden können, weil Sie dessen Hintergründe kennen.

Danach lasse ich mich kurz, unter Hinweis auf den Zeitrahmen, 5-10 Minuten durch den Lebenslauf führen. Wichtig sind mir auch Informationen zum familiären Hintergrund. Was haben der Vater und die Mutter gemacht, gibt es Geschwister, wenn ja, was machen diese etc.. Das hilft mir, Entscheidungen besser zu verstehen.

Interessant ist es, sich den Lebenslauf mit folgender Frage erklären zu lassen: „Was sind die wichtigsten Stationen in Ihrem Leben?“. Dabei können Sie sehen, ob der Kandidat sein Leben ähnlich sieht, wie Sie es zuvor vermutet haben. Sie können im Nachgang auch viel gezielter nachfragen. Wichtig ist aus meiner Sicht, dass Sie wirklich erst hinterher nachfragen. Macht man es vorher, so verliert man sich oft im Detail.

Geht es um die Arbeitseinstellung und die Motivation bzw. die Motivstruktur des Kandidaten, so gefällt mir folgende Frage sehr gut: „Für welche Leistungen hätten Sie sich bei Ihren letzten Stellen mehr Anerkennung erwartet?“

Die Antwort kann man sehr schön in Einklang mit den Erwartungen an den neuen Stelleninhaber bringen. Insbesondere „Jammerer“ sind so leicht zu enttarnen.

Eine Frage wie z.B. „Wofür können Sie sich so richtig begeistern?“, zeigt Ihnen, ob der Kandidat überhaupt Leidenschaft für etwas entwickeln kann.

Da häufig auch die familiäre Unterstützung entscheidend dafür ist, ob jemand dauerhaft Leistungsbereitschaft zeigt, kann man fragen: „Angenommen, Sie kommen über eine längere Phase erst sehr spät abends nach Hause und müssten auch am Wochenende ab und an zu Ihrem Laptop greifen. Würde das Ihren Lebenspartner sehr stören?“. Achten Sie hier nicht nur auf die verbale, sondern insbesondere auch auf die non-verbale Antwort.

Bei fachlichen Fragen kann ich als Personaler die Antwort auf den Wahrheitsgehalt schwer überprüfen. Ich kann mir nur aus der Spontanität und der Differenziertheit der Antworten eine Meinung bilden. Hierfür eignen sich meiner Ansicht nach Fragen wie z.B. „Wie schätzen Sie die Entwicklung in Ihrem Bereich in den nächsten 2-3 Jahren ein?“ und „Welche Entwicklungen haben Sie in der letzten Zeit für Ihren Themenbereich als entscheidend und maßgeblich für die Zukunft wahrgenommen?“.

Hieraus sieht man, wie up-to-date ein Kandidat wirklich ist.

Wie Sie sehen, kann man vieles wirklich tief hinterfragen, wenn man sich vorher Gedanken gemacht hat. Ich schließe Gespräche immer sehr gerne ab, indem ich das Gespräch nochmal zusammenfasse und mir ein Feedback geben lasse, wie der Kandidat das Gespräch empfunden hat.

Hier eignet sich auch eine Skalenfrage im Sinne von „Auf einer Skala von 1-10, wie gerne würden Sie denn nach diesem Gespräch für unser Unternehmen arbeiten?“.

Und Sie? Auf einer Skala von 1-10, wie hat Ihnen dieser Blog gefallen? Wünschen Sie sich mehr intelligente Bewerbungsgesprächsfragen? Dann lassen Sie es mich wie immer wissen!

 

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

post scriptum

Ein Buchtipp aus dem ich viele Fragen übernommen bzw. für mich abgewandelt habe: Schneider, Arthur, Mit den besten Interviewfragen die besten Mitarbeiter gewinnen!, Zürich (Praxium) 2006

3 Gedanken zu „„Wenn Sie ein Tier wären, welches Tier wären Sie dann?“ – Sinn und Unsinn in Bewerbungsgesprächen“

  1. Mir hat der Beitrag sehr gut gefallen. 9 Punkte.

    Ich verwende schon seit über 10 Jahren die Fragen aus dem Angang B des Buches „Effiziente Personalauswahl“ von Wolfgang Jetter (ISBN 3-7910-1014-X). Bin bis dato auf nichts besseres gestoßen.

    Außerdem immer an den Philosophen Seneca halten: „Alles was gesagt werden kann, kann auch gefragt werden.“ Viele Menschen können nicht richtig fragen. Auch das muss man lernen.

    Gerade im Vorstellungsgespräch neigt man zum Erzählen. Fragen und den Bewerber sprechen lassen. Oder auf Fragen des Bewerbers antworten.

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