Vor einigen Jahren hatte ich einmal ein nettes Erlebnis mit einem unserer Mitarbeiter. Dieser trat auf mich zu und fragte mich, ob er folgendes Seminar besuchen könne. Dabei reichte er mir eine Broschüre rüber. Ich schaute mir das Thema an und fragte ihn, was ihn daran interessieren würde.
Er sagte: „Das Thema so im Allgemeinen!“
Darauf ich: „Hast Du Dir schon mal die Bücher in unserer Bibliothek zu diesem Thema angeschaut?“ „Nein! Warum?“
„Weil ich dachte, dass Dich das Thema interessiere!“
Sie können sich sicherlich ausrechnen, ob ich das Seminar „genehmigt“ habe oder nicht. Meiner Meinung nach sollte man in ein Seminar gehen, wenn man genau einschätzen kann, was man überhaupt lernen will. Dafür ist es zwingend notwendig, sich das Thema erst einmal selbst zu erschließen.
Meine Frau ist Lehrerin und berichtet, dass im modernen Unterricht zunehmend schülerorientierte Unterrichtsformen Einzug halten. Die Schüler erschließen sich dabei ihr Thema selbst, der Lehrer sorgt nur dafür, dass die Schüler das Unterrichtsmaterial so zur Verfügung haben, dass sie dies auch können. Zunächst fand ich die Idee komisch, inzwischen begeistern mich aber die Erfahrungen, die ich berichtet bekomme.
Aufbauend auf diesen beiden Punkten haben wir in unserem Unternehmen unsere Weiterbildung komplett neu organisiert:
In Managementlehrbüchern und Internetquellen, die sich mit Lernen beschäftigen, findet man oft folgende Zahlen, wenn es darum geht, wie viel Prozent man sich von etwas merken kann:
Es heißt, dass man sich
- 10% von dem merkt, was man liest
- 20% von dem, was man hört
- 30% von dem, was man sieht
- 50% von dem, was man hört und sieht
- 70%, wenn man es anderen erklärt
- 90%, wenn man es anwendet.
Auch wenn die Zahlen keiner echten wissenschaftlichen Betrachtung standhalten, so ist das Prinzip umso deutlicher und nachvollziehbarer: Je stärker das Involvement, das Integriertsein in ein Thema ist, umso mehr kann man es verinnerlichen und es sich merken.
Aufgabe einer Weiterbildungsform muss es also sein, dem Optimum ganz nahe zu kommen.
Wir haben das wie folgt getan: Zunächst einmal haben wir ein Curriculum aufgestellt, dass heißt die Themen definiert, die jeder in unserem Unternehmen beherrschen sollte.
Danach haben wir festgelegt, welcher Mitarbeiter, das Thema den anderen vorstellen soll. Dieser hat das Thema aufzubereiten und den anderen in einer anregenden Form zur Verfügung zu stellen, sodass sich die Lernenden das Thema auch selbst erschließen können. Der Referent selbst steht danach als Experte zur Verfügung und hilft.
Selbstverständlich wird es immer noch externe Referenten geben. Als Unternehmen, das Personalentwicklungsmaßnahmen verkauft, sollte man auch weiterhin davon überzeugt sein, dass externe Trainer sinnvoll sind. Arbeitsrecht ist zum Beispiel ein solches Thema.
Dennoch ist es Aufgabe der Mitarbeiter, sich das Thema vorher schon so zu erschließen, dass der Trainer wirklich gefordert ist. Dieser muss dann die Fragen beantworten, die man sich selbst nicht beantworten konnte.
Auf diese Art und Weise steigern wir weiter die Eigenverantwortung unserer Mitarbeiter!
Was halten Sie davon? Wie machen Sie das bei sich im Unternehmen? Wie findet bei Ihnen Weiterbildung statt?
Lassen Sie es mich wie immer wissen!
Herzliche Grüße
Heiko Banaszak