Diesen Satz eines meiner wirklich sehr guten Kunden hat sich bei mir eingebrannt. Ich mag ihn sogar. Nicht als Unternehmer, denn irgendwie hat der Satz ja auch was mit Geld ausgeben zu tun. Ich zitiere ihn auch nicht gerne intern, wenn wir mittags als Mannschaft zusammen essen.
Diesen Satz eines meiner wirklich sehr guten Kunden hat sich bei mir eingebrannt. Ich mag ihn sogar. Nicht als Unternehmer, denn irgendwie hat der Satz ja auch was mit Geld ausgeben zu tun. Ich zitiere ihn auch nicht gerne intern, wenn wir mittags als Mannschaft zusammen essen.
Zitieren tue ich ihn nur dann, wenn es mir passt. Zum Beispiel, wenn mir einer meiner unternehmerisch geprägten Freunde erzählt, dass sein Mitarbeiter nicht die Leistung bringt, die er erwartet.
Interessant ist fast immer die Reaktion, denn sie ist meist gleich:
„Quatsch. Das stimmt nicht! Geld ist doch kein Motivator, Heiko. Da gibt es sogar Studien drüber!“
Zugegeben, mein Vorteil jetzt ist, dass ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl von Professor Scholz Studenten eben dieses immer wieder zitierte Modell von Herzbergs Zwei-Faktorengruppen vermitteln durfte.
Ich frage dann immer: „Das ist ja interessant! Welche Studie meinst du denn und was genau ist der Inhalt?“
Auch die Reaktion ist meist gleich: Schweigen bzw. wilde Erläuterungen!
Ich habe das Gefühl, dass das Gespräch über diese angebliche Studie und das gegenseitige Bestätigen der Meinungen („Stimmt! Hab ich auch schon mal gehört!“) in der Kommunikation dazu geführt haben, dass der Wahrheitsgehalt auf ein ähnliches Niveau abgesunken ist wie der beim Eisengehalt von Spinat. Hier hat ein Forscher wohl offensichtlich irgendwann einmal ein Komma an die falsche Stelle gesetzt und alle anderen haben davon abgeschrieben. Obwohl: Stimmt denn diese Geschichte? Ich weiß es nicht, denn auch diese habe ich ungesehen geglaubt!
Was aber sagt denn Herzberg wirklich? Was motiviert Menschen und was nicht? Ist Geld nun ein Faktor, der überhaupt nicht motiviert?
Räumen wir mal mit den Gerüchten auf:
Herzberg unterscheidet in zwei Faktoren: Satisfaktoren, die auch als Motivatoren bezeichnet werden und Dissatisfaktoren, die auch Hygienefaktoren genannt werden.
Folgende Motivatoren nennt Herzberg:
- Die erbrachte Leistung selbst
- Anerkennung der Leistung durch andere
- Die Arbeit selbst
- Verantwortung
- Aufstiegschancen
- Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung.
Folgende Hygienefaktoren werden genannt:
- Überwachung
- Unternehmenspolitik und -verwaltung
- Arbeitsbedingungen
- Beziehungen zu seinen Führungskräften
- Beziehungen zu anderen Mitarbeitern
- Beziehungen zu seinen Kollegen
- Status
- Arbeitsplatzsicherheit
- Familienfreundlichkeit (das hieß in den 60ern noch „familiäre Implikationen“)
- Und eben auch das immer wieder zitierte Gehalt.
Herzberg unterstellt, dass Hygienefaktoren ausschließlich den notwendigen Rahmen zur Leistungssteigerung darstellen, aber eine Verbesserung von Hygienefaktoren keine zusätzlichen Leistungsanreize setzt.
So ist eben das Gefühl der Arbeitsplatzsicherheit eine Grundbedingung für die Leistungserbringung, jedoch lässt sich ab einem gewissen Wert keine zusätzliche Leistungssteigerung mehr erzielen. Wenn dem so wäre, wären alle Beamten auf Lebenszeit übermäßig motiviert!
Vielleicht wird jetzt auch dem einen oder anderen klar, warum der Hinweis auf einen sicheren Arbeitsplatz in der Krise des letzten Jahres nicht zu einem Motivationsschub geführt hat.
Ebenso verhält es sich Herzberg zufolge mit dem Gehalt. So ist dann auch die Theorie entstanden, dass ein höheres Gehalt nicht ein Mehr an Motivation bringt. Das hat Herzberg aber nicht gesagt. Er sagt: Wenn das Gehalt stimmt, bringt ein Mehr nichts mehr.
Was aber ist in den Augen des Mitarbeiters, um den es geht, ein Gehalt, das stimmt? Ab wann sind die Grundbedürfnisse befriedigt und es geht nur noch darum, ob man sich mit dem Mehr an Gehalt statt einer guten Flasche Wein eine sehr gute kaufen kann?
Ich denke, das ist individuell und hängt auch von der jeweiligen Situation ab. Ein junger Mensch, der von der Universität kommt und der noch keine Verpflichtungen hat, sieht das vielleicht bei einem Bruttoeinkommen von € 30.000 pro Jahr anders als ein alleinverdienender Bürokaufmann mit demselben Gehalt und einer Frau und vier Kindern.
Es sieht eben anders aus, wenn man denselben Euro zweimal umdrehen muss als wenn man überlegt, ob man sich das 10. Bier in der Disko auch noch gönnen kann.
Das deckt sich auch mit den Erkenntnissen, der ebenfalls oft zitierten Bedürfnispyramide von Maslow. Nach Maslow gibt es fünf hierarchisch geschichtete Motive:
- Selbstverwirklichungsbedürfnisse
- Wertschätzungsbedürfnis
- Zugehörigkeitsbedürfnisse
- Sicherheitsbedürfnisse
- Physiologische Bedürfnisse.
Nach Maslow möchte eine Person erst dann das nächst höhere Bedürfnis befriedigen, wenn sie in der weiter unten gelegenen Bedürfnisklasse keine Defizite mehr verspürt. Um es auf den Punkt zu bringen: Jemand der Hunger hat, will lieber etwas zu essen als sich selbst zu verwirklichen!
Deshalb sollte man sich individuell bei jedem Mitarbeiter die Fragen stellen:
- Was bedeutet für diesen Mitarbeiter im Sinne von Herzberg „hygienisch“ bei den einzelnen Faktoren?
- Erfülle ich diese?
- Will ich das überhaupt? (Will ich es nämlich nicht, dann muss ich zwangsläufig mit einer eingeschränkten Leistungsbereitschaft leben und mich damit abfinden)
Erst danach geht es darum:
- Was kann ich an den Motivatoren in meinem Unternehmen verändern, damit meine Mitarbeiter ihre Leistungsbereitschaft erhöhen?
Denkt man das Modell einmal weiter und wendet es auf unser Kerngeschäft, die Personalberatung an, so bedeutet das:
Natürlich müssen Sie einem Wunschkandidat als Arbeitgeber klar machen, dass die Hygienefaktoren erfüllt sind. Sie sollten ihm aber zudem auch „beweisen“, dass Sie die Motivatoren ernst nehmen. Lippenbekenntnisse reichen hier nicht aus, denn damit kann man sich nicht von den Mitkonkurrenten um diese Fachkraft unterscheiden.
Zeigen Sie ihm, dass es Aufstiegschancen in Ihrem Unternehmen gibt, in dem Sie beispielsweise eine Imagebroschüre drucken, in der Sie typische Karrierewege Ihrer bestehenden Mitarbeiter darstellen und übergeben Sie es im Vorstellungsgespräch.
Finden Sie Belege für die Dinge, die Sie richtig machen und zweigen Sie dem Bewerber diese. Lassen Sie den Bewerber mit einem langjährigen Mitarbeiter sprechen. Bieten Sie auch bei höher dotierten Stellen einen Schnuppertag an etc..
Was tun Sie? Lassen Sie es mich wissen!
Herzliche Grüße
Ihr
Heiko Banaszak
Guten Tag,
auf der Suche nach dem Erdnusszitat bin ich zufällig auf Ihre Seite gestoßen.
Ein interessanter Text. Ich selber bin als Angestellter eher „passiv“ mit Personalführung konfrontiert, sieht man davon ab, dass man manchmal seine Führungskraft auch mal in die richtige Ecke „führen“ muss.
Nach knappen 40 Jahren Berufsleben (eben nicht Berufungsleben) kann ich Ihren Ausführungen bzw. dem von Ihnen übernommenen Stellenwert der fiskalischen Schmerzbefreiung nicht ganz folgen. Es mag sein, dass Geld nicht alles ist… usw.
Aber ein Hygieneartikel ist er sicherlich auch nicht (es sein denn, es gilt etwas „rein“ zu waschen).
Geld – in diesem Fall besser Lohn genannt – ist doch ein dritter selbständiger Faktor neben Motivation und Hygiene. Er ist das ausgleichende Moment, wenn es mit den Arbeitsbedingungen oder dem Status nicht so gut steht. Mit einer gewissen Be-Lohnung lässt sich über manches hinwegsehen. Somit kann ich da nicht grundsätzlich zustimmen.
Aber vielleicht kommen derartig profane Lebensbegleitumstände bei Ihrer Kundschaft nicht vor. Wer möchte als Lohnverantwortlicher auch schon zugeben müssen, dass es mit der Überwachung, der Unternehmenspolitik, den Arbeitsbedingungen oder der Beziehung seiner Führungskräfte zu den Mitarbeitern nicht wirklich so dolle ist, und man quasi ein paar Nüsschen „zufüttern“ müsste.
(Aber das hätte dann ja auch was von „reinwaschen“)
Irgendwie ist es dann schon prima, wenn man sich auf jemanden wie Herzberg berufen kann.
In diesem Sinne
M. Flammer
Lieber Herr Flammer,
danke für Ihren Kommentar. Das ist mit Sicherheit eine gänzlich andere Sichtweise als ich diese habe, deshalb ist sie für mich auch sehr interessant
Ich habe mich sehr früh selbstständig gemacht und würde nie auf den Gedanken kommen, mich mit ein paar „Erdnüssen“ mehr abspeisen zu lassen, um über Negatives hinwegzusehen. Was mir nicht gefällt, ändere ich, lebe damit oder lass es eben sein.
Vielleicht bin ich aber auch in einer privilegierten Rolle, weil ich jederzeit über Optionen verfügt habe.
Ich wünsche Ihnen weiterhin alles Gute! Nach 40 Jahren sind Sie ja bald in der Situation, in der Sie nur noch das machen können, was sie wollen
Liebe Grüße
Heiko Banaszak
Lieber Herr Banaszak,
ich habe einen Hinweis und zwei Anmerkungen:
Hinweis: Der erste Absatz ist doppelt auf dieser Webseite
Anmerkung 1: Zitate…
Ihr „sehr guter Kunde“ zitiert eine Aussage von Sir James Goldsmith die im Original lautete: „If you pay peanuts, you get monkey“ man kann es wohl synonymisieren mit „You will get, what you pay for“ Die Übersetzung läßt wohl einiges an Schärfe vermissen…
Anmerkung 2: …will ich überhaupt?…
Meine Antwort als Unternehmer würde jetzt wohl lauten: Nein, ich will nicht… Okay lieber Personaler, dann such‘ mir sofort all diese jungen, dynamischen und verantwortungsfreien aber hochkompetenten Menschen die bereit sind, auf Grund der Tatsache, dass sie verantwortungsfrei leben dürfen weniger Geld haben möchten…
Hmmmm
Herzlich
SRO
Vielen Dank für Ihren Kommentar. Das Original ist in der Tat etwas härter.
Ich denke aber nach wie vor, dass es durchaus Menschen gibt, denen die Aufgabe wichtiger ist als das Geld. Das gilt natürlich erst ab bestimmten Schwellenwerte. Fair muss eine Entlohnung sein und darf nicht weiter als 20 Prozent vom Marktpreis wegliegen.
Liebe Grüße
Heiko Banaszak
Hallo Herr Banaszak,
hier ein Auszug aus Wikipedia:
„[…] ähnliches gilt für das finanzielle Einkommen. Zwar kann eine Person etwa ein monatliches Einkommen von 1000 Euro in einer bestimmten Zeit ausgeben. Der Nutzen weiterer Einnahmen steigt aber nicht proportional ins Beliebige. Ein Einkommen von 100.000 Euro im Monat hat nicht den 100-fachen Nutzen für dieselbe Person, da zahlreiche Bedürfnisse bereits befriedigt worden sind.“
Der Auszug stammt aus dem Artikel des Grenznutzen und beschreibt die Idee von Herzberg. Ich denke ein gutes Extrembeispiel sind hier Fußballstars. Ein Spieler wird nicht besser spielen, wenn er statt 150 000 jetzt 160 000 € die Woche verdient. Dagegen sind sind 10 000 € Brutto mehr, ein viel größerer Anreiz für junge Einsteiger.
Der Grenznutzen kann natürlich auch aus Unternehmersicht betrachtet werden: Wie verhält sich die Leistungssteigerung für jeden weiteren Euro Gehalt?
Interessant wäre es auch zu wissen, wie Herzberg Boni in seinem Modell einordnet. Zählt es noch zu den Hygienefaktoren oder sind es schon Motivatoren? Es kommt wohl auf das Grundgehalt an.
Sehr schöner Artikel übrigens…