Umzug in die YouPorn-Gesellschaft

Ich hatte diese Woche das Buch „Das Ende der Normalität – Nachruf auf unser Leben wie es früher einmal war“ von Gabor Steingart in den Händen. In diversen Kapiteln behandelt er das Thema „Normalität“ aus unterschiedlichen Blickwinkeln heraus.

Nicht dass Sie denken, ich hätte mir den reißerischen Titel des Blogs selbst ausgedacht… Nein, ich habe einfach eine Kapitelüberschrift dieses Buches übernommen, das ich sehr interessant fand und daher gerne in diesem Blog besprechen möchte.

Wir leben in einer Zeit, in der das Privatleben einfach nicht mehr so stabil ist, wie man es jahrzehntelang gewohnt war. Inzwischen ist das Verhältnis zur Automobilmarke von längerer Dauer als das zum Ehepartner. Bleibt man seiner Automobilmarke im Durchschnitt 18 Jahre treu, schreibt Steingart, so sind es beim Ehepartner nur noch 14 Jahre bis zur Scheidung.

Man hat heutzutage den Eindruck, dass das Nach-außen-kehren des Privatlebens auf Facebook, Twitter oder für noch freizügigere Dinge auch gerne mal bei YouPorn nur logische Konsequenzen dessen sind, was heute überall zu beobachten ist: Das „Normale“ von gestern gibt es nicht mehr!

Auch wenn man selbst zu Hause über ein stabiles Umfeld verfügt – wofür ich meiner Familie sehr dankbar bin – so haben wir Entscheider im Umgang mit unseren Mitarbeiter genau damit zu kämpfen. Man muss sich mittlerweile mit Dingen beschäftigen, die früher einmal anders waren. Die Destabilisierung der Familien hat inzwischen auch Auswirkungen auf unsere Unternehmen. Früher war die Familie ein Ort, an dem der Mitarbeiter Ruhe fand und am Wochenende Kraft tanken konnte. Ist seine Familie aber eher ein Ort, vor dem er „fliehen“ möchte, dann macht ihn das nicht unbedingt zu einem leistungsfähigen Mitarbeiter. Ist sein Wochenende dadurch gekennzeichnet, dass er 300 km zu seinen leiblichen Kindern fahren muss, um diese, wie alle zwei Wochen üblich, abzuholen und dann sonntags wieder zu seiner Ex-Frau zurückzubringen, dann hat dieses Wochenende sicherlich auch einen anderen Erholungswert als die Wochenenden meines Vaters während seines Berufslebens oder meine Wochenenden, die ich sehr genieße.

Beziehungen lösen sich auf, der Mitarbeiter lernt einen möglichen neuen Partner auf einer Singleplattform im Internet kennen und verändert mit seinem Wohnort eventuell auch die Arbeitsstelle. Das Dumme daran ist, dass er das sogar tut, obwohl man im Rahmen der Personalführung alles richtig gemacht hat.

Mitarbeiter offenbaren ihr Privatleben im Internet und im Unternehmen wird negativ darüber geredet. Wie gehe ich als Entscheider damit um?

Dies sind alles Fragen, denen ich mich heute stellen und auf die ich eine Antwort haben muss. Deshalb gilt es, sich darauf einzustellen, dass alles, was früher einmal „normal“ war, heute nicht mehr stabil ist.

Ich lerne derzeit leider oftmals erst in der Praxis und habe den Rückschluss daraus gezogen, dass es meine Aufgabe als Führungskraft ist, mich besser auf das Unerwartete vorbereiten. Das Unerwartete und das Anormale müssen zum Erwarteten und Normalen werden. Deshalb beobachte ich alle Phänomene, mit denen meine Freunde, Geschäftspartner und Kunden täglich zu kämpfen haben und überlege, ob diese Ausnahme nicht, angesichts der veränderten Zeiten, zur Normalität werden und auch mich irgendwann treffen könnte.

Für manche Fälle bereite ich ein Szenario vor, und bin dadurch einfach sensibler, um das „Unerwartete“ früher kommen zu sehen. Ich schärfe also jeden Tag aufs Neue meine Sinne, weil es einfach jeden Tag passieren kann, dass aus etwas Unerwartetem etwas wird, dass es zukünftig zu erwarten gilt.

Wie machen Sie das? Was kann ich von Ihnen lernen? Mit welchen Fällen oder Phänomenen haben Sie zu kämpfen, die es vor 10 Jahren so vielleicht noch nicht gab?

Lassen Sie es mich wie immer wissen!

Herzliche Grüße

 

Heiko Banaszak

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