Rotstift ist nicht gleich Rotstift! – Warum gerade jetzt der Mittelstand anders denken muss als ein Großkonzern!

Gestern wurde ich durch einen befreundeten Kollegen auf einen Artikel aus der Zeitung „Die Welt“ vom 22. Oktober 2012, mit dem Titel „Die Rückkehr des Rotstiftes“, aufmerksam gemacht. Darin ein Originalzitat von Siemens-Vorstandschef Peter Löscher aus der hauseigenen Zeitschrift „Siemens Welt“, in dem dieser sagte: „Wir hatten klar auf Wachstum der Weltwirtschaft gesetzt und auf die von Konjunkturexperten erwartete Erholung der Märkte in der zweiten Jahreshälfte!“. Siemens will, in der Zeit, in der sich die Wirtschaft etwas abkühlt, sparen. Dabei hatte das Unternehmen seit 2010 das Personal um 10.000 Mitarbeiter aufgestockt.

Warum stellt man nun alles in Frage? Daimler, Puma, Infineon und andere wollen nun sparen. Und was das häufig heißt, wissen viele: Mitarbeiter reduzieren und Investitionen in die Zukunft verschieben.

Ich möchte mir nicht anmaßen die Unternehmenslenker dieser Konzerne zu kritisieren. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es gerade in Konzernen jede Menge Luft gibt, um effizienter zu arbeiten. In den letzten Jahren wurden viele Positionen geschaffen, die wenig bis gar nichts zur Wertschöpfung beitragen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Gerade im Zuge der unterschiedlichsten Skandale wurden, aufgrund von Einzelfällen, die Kontrollebenen personell erweitert. Ganze Compliance-Abteilungen entstanden und die interne Revision wurde aufgestockt. Doch findet hier wirklich Wertschöpfung statt, oder verhindert nicht das Gefühl überwacht zu werden, bei den guten Mitarbeiter, die Lust auf Mehrleistung?

Wenn ich mich bei meiner Kundschaft umhöre, so lässt sich leider auch der ein oder andere Mittelständler von diesen Sparankündigungen verunsichern. Deshalb erlaube ich mir die Frage zu stellen: Ist Sparen auch für ein mittelständisches Unternehmen der richtige Weg?

Sparen ist immer gut, solange man es an der richtigen Stelle tut! Dabei habe ich eine klare Vorstellung, welche die richtige und welche die falsche Stelle ist. Hierzu unterscheide ich klar in Kosten und Investitionen und möchte Ihnen meine Interpretation dieser beiden Begriffe gerne erläutern:

Kosten sind für mich Ausgaben, die nichts bringen, d. h. Geld, dem kein Nutzen gegenübersteht; weder heute noch in Zukunft. Investitionen im Gegensatz dazu, sind Ausgaben, von denen ich mir einen Vorteil verspreche, d. h. Geld, das ich ausgebe, in der Hoffnung, zukünftig mehr Geld daraus machen zu können.

Deshalb spare ich an Kosten und nicht an Investitionen. Und es gibt tatsächlich genügend Kosten, die man sparen kann. Kauft man beispielsweise von einem Zulieferer ein und kann hier durch geschicktes Nachverhandeln den Preis reduzieren, ohne dessen Leistungsbereitschaft dadurch einzuschränken, dann hat man Geld gespart, dem kein Nutzen gegenüber stand. Andere Möglichkeiten liegen in Prozessverbesserungen im Bereich Vertrieb, Produktion und Logistik. Wenn ich Prozesse verbessere, dann kann ich in derselben Zeit, eine höhere Wertschöpfung erbringen und habe damit auch pro Stück bzw. pro erbrachter Dienstleistung, Kosten eingespart.

Ein Beispiel, das jeder aus der Praxis kennt, ist beispielsweise das Restaurant, das geschickt in Prozesse investiert hat und seine Kellner mit einem elektronischen Bestellsystem versehen hat. Sitzen nun im Sommer hunderte Gäste auf der Terrasse, dann sind die Getränke bei der Rückkehr des Kellners bereits ausgeschenkt, können schneller serviert und somit „schneller“ getrunken werden. Damit erhöht sich zwangsläufig der Umsatz pro Stunde. Sind die Ausgaben für ein solches Gerät in einer Dimension, dass sich diese Investition rechnet, dann hat der Wirt offensichtlich richtig gehandelt.

Was viele Unternehmen aber derzeit überlegen, ist eine sinnvolle Investition in die Zukunft zu verschieben, weil man nicht weiß, ob die „Gäste“ auch noch in Zukunft wirklich kommen. Aber macht das wirklich Sinn?

Wenn man davor Angst hat, dann glaubt man als Mittelständler tatsächlich vom Weltmarkt abhängig zu sein. Das sehe ich komplett anders. Niemand in der Größenordnung von unter 500 Mitarbeitern ist wirklich vom Weltmarkt abhängig, sondern einzig und allein vom Vertrieb. Schwächelt Ihr größter Kunde aufgrund des Weltmarktes, dann kann man, statt durch Mitarbeiterentlassungen, auch darüber nachdenken, einen guten Vertriebler einzustellen, der einen neuen Kunden findet, um die Schwäche des anderen Kunden aufzufangen. Und kommt nun doch alles ganz anders und die Wirtschaft wächst plötzlich wieder, dann kann man sogar auf Produktionsseite einstellen.

Deshalb überlegen Sie genau, ob Sie bei einer schlechter werdenden Konjunktur wirklich Kosten sparen oder aber tatsächlich Investitionen streichen, die Ihnen eine positive Zukunft vielleicht erst ermöglichen. Trennen Sie sich nicht von Mitarbeitern, die Ihnen in Boom-Zeiten wieder fehlen, sondern, im Gegenteil, sorgen Sie durch eine Investition in den Vertrieb oder in Prozessverbesserungen dafür, dass Ihre Wettbewerbsfähigkeit steigt.

Noch geht es der deutschen Wirtschaft gut. Nutzen Sie jetzt das Geld, dass Sie verdienen und investieren Sie es beispielsweise in Mitarbeiter, die Ihnen helfen, sich auf eine neue Situation vorzubereiten. Denken Sie zukunfts- und nicht vergangenheitsorientiert.

Die Frage sollte daher nicht lauten, „Wie verkleinere ich meine Organisation und reduziere die Ausgaben, um bei schwächerem Markt immer noch Geld zu verdienen?“, sondern, „Wie und wo muss ich meine Organisation stärken, um auch bei schwächerem Markt immer noch genügend gute Aufträge zu haben, um mindestens das Geld zu verdienen, das ich heute verdiene?“.

Mein Ratschlag lautet daher: Setzen Sie den Rotstift ruhig an, aber nicht bei Investitionen, sondern ausschließlich auf Kostenseite. Überdenken Sie Ihre Investitionen, d. h. auch Ihre Einstellungspolitik. Vielleicht ist ein zusätzlicher Vertriebsmitarbeiter derzeit wichtiger als ein guter Produktionsmitarbeiter.

Was meinen Sie? Habe ich mit meiner Meinung recht? Wie handeln Sie? Lassen Sie es mich wie immer wissen!

Herzliche Grüße

 

Heiko Banaszak

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