Laufen als Seminarinhalt: Wie plane ich eine „etwas andere“ Personalentwicklungsmaßnahme?

Mit dem heutigen Beitrag möchte ich Ihnen einmal einen Einblick in die Planung und b+p_cmyk_300dpiKonzeption einer eher ungewöhnlichen Personalentwicklungsmaßnahme geben. Ich war lange Zeit kein Freund von teambildenden Maßnahmen und Outdoortrainings. Der Grund hierfür lag darin, dass viele Trainer einfach keine wirkliche Vorstellung davon haben, worauf es im Beruf tatsächlich ankommt.

Viele Veranstaltungen, die ich besucht habe, hatten zwar einen hohen Spaßfaktor, jedoch keinen höheren Nutzwerk als eine gemeinsame Grillveranstaltung. Im Gegenteil: Bei manchen hatte ich den Eindruck, dass ein gemeinsames Zubereiten der Speisen einen höheren teambildenden Charakter hatte als das alleinige Bewältigen des Hochseilgartens.

Incentive- und teambildende Veranstaltungen sind deshalb immer eine heikle Sache. Ich bin ja nicht nur Personalentwickler und verkaufe Trainings, sondern selbst auch Chef eines mittelständischen Unternehmens. Wenn ich eine Personalentwicklungsveranstaltung buche, dann möchte ich auch die Entwicklung meines Personals und auch die Entwicklung von mir selbst als Teilnehmer sehen.

Deshalb muss sich jederzeit im Rahmen der Veranstaltung der Bezug zur beruflichen Realität widerspiegeln und ableiten lassen.

Um einmal eine Alternative zu haben, die Sinn macht, konzipiere ich mit meinem Trainerkollegen Sven Nitschmann jedes Jahr aufs Neue einen Workshop für alle sportlichen Gruppen, der aber auch beruflich zu 100 Prozent verwertbar ist.

Mit einer Marathonbestzeit von 2:40h und als ausgebildeter Outdoortrainer ist Sven der ideale Co-Trainer für diese Art von Veranstaltung. Er versteht es, die beruflichen Ziele und Inhalte, die ich vorgebe, in sportliche Aufgaben zu übertragen.

Damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, wie unsere Denkprozesse laufen, schildere ich Ihnen einmal unser Vorgehen:

Was ist das Ziel des Trainings bzw. des Workshops? Was möchte ich erreichen?

Die Zielsetzung des diesjährigen Workshops war es, eine der Grundlagen der Personalführung am eigenen Leib kennenzulernen: die Messbarkeit von gesetzten Zielen und das Ableiten von Maßnahmen daraus.

Wie lief das ab?

Als Aufgabe haben wir das Absolvieren einer sportlichen Herausforderung gewählt. Da unsere Testgruppe aus vielen Hobbyläufern unterschiedlichster Niveaus bestand, haben wir uns für den Halbmarathon in Paris entschieden. Dieser fand am Sonntag, dem 02. März statt und zählt mit über 40.000 Teilnehmern zu den größten Laufveranstaltungen Europas. Da es keine Zeitvorgaben im klassischen Sinne gibt, kommen auch sehr viele Starter ins Ziel. Dieses Jahr haben über 85 Prozent der Gestarteten auch das Ziel erreicht und waren daher zu Recht „Finisher“.

Das lag daran, dass die Strecke auch relativ motivierend und nicht allzuschwer, aber auch – im Sinne der Aufgabe wichtig – nicht ganz leicht war.

Die Veranstaltung selbst ist aber nur Nebensache. Es kann auch der Firmenlauf in Dillingen als Endziel dienen. 5 Kilometer schafft nahezu jeder, der sportlich nicht eingeschränkt ist und trainiert. Wichtig war uns nur, ein festes Event zu haben, auf das man hinarbeiten kann.

Mit jedem Teilnehmer wurde ein leistungsdiagnostischer Test im Vorfeld gemacht. Das haben wir an der Sporthochschule in der Leichtathletikhalle durchgeführt. Danach wusste jeder seinen Maximalpuls, seinen Belastungspuls und seinen derzeitigen Leistungsstand.

Auf dieser Basis wurde in einem Einzelgespräch das individuelle Ziel festgelegt und ein entsprechender Trainingsplan vereinbart. Dieser Trainingsplan war auf 12 Wochen tagesgenau, d.h. jeder wusste, was er wann und wie zu tun hat, um das Ziel zu erreichen.

Im Rahmen der Durchführung stellten die Teilnehmer fest, wie viel Disziplin es braucht, sich daran zu halten. Im Vorfeld haben wir per Zufall die Hälfte der Teilnehmer bestimmt, bei denen wir als Trainer regelmäßig nachhaken, was denn das Training macht und bei welchen wir das bewusst nicht tun.

Nach 6 Wochen gab es ein erstes Zwischenfazit. Um dieses ziehen zu können, gab es wieder einen Leistungstest. „Wer steht wo und warum?“ war dann der Inhalt des Zwischenworkshops. Die Teilnehmer merkten:

  1. Die Teilnehmer, mit denen intensiv gearbeitet wurde – das haben wir in diesem Workshop aufgeklärt – hatten durchschnittlich bessere Ergebnisse gegenüber ihrem Plan erzielt als die anderen, die man „sich selbst“ überlassen hat.
  2. Ausreden halfen nicht: Schlechte Ergebnisse bleiben schlechte Ergebnisse. Das „Warum?“ interessiert niemand.
  3. Rein theoretisch reicht es aus, wenn man in der Halbzeit die Kurve noch bekommt und seinen Trainingsplan noch einmal neu ausrichtet.
  4. Es gibt mit Verletzungen oder geänderten beruflichen Rahmenbedingungen immer wieder Unvorhersehbares, mit dem man umgehen muss. Auch hier zählen am Ende dennoch die Ergebnisse.

Im Nachgang wurden alle Teilnehmer gleichermaßen betreut und gecoacht und es kam, wie es kommen musste:

  1. Alle erreichten ihr gestecktes Ziel oder übertrafen sich selbst. Der Beste kam mit 78 Minuten und der Letztbeste mit knapp unter 2 Stunden ins Ziel.
  2. Alle haben gemerkt, wie wichtig es ist, messbare Ziele zu setzen und diese auch vor dem Ende schon mal darauf zu kontrollieren, ob man auf dem richtigen Weg ist.

Ein O-Ton eines der Teilnehmer spiegelt die Möglichkeit der Übertragung auf den beruflichen Alltag sehr schön wieder: „Jetzt ist mir bewusst geworden, warum einer meiner Mitarbeiter in der Probezeit gescheitert ist. Es lag nicht alleine am Mitarbeiter, sondern auch an mir und meiner Art, diesem Ziele zu setzen und den Weg zum Erreichen auch zu monitoren.“

Was halten Sie von dieser Art Workshop? Haben Sie auch schon mal etwas Ähnliches durchgeführt? Dann lassen Sie es mich wissen!

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert