Reklamationsmanagement 6.0

Als Reaktion auf meinen letzten Blog erhielt ich eine interessante Mail einer Leserin, die mir ihre Erfahrungen rund um das Thema „Umgang mit Reklamationen“ zuschickte. Ich dachte eigentlich, dass es sich inzwischen herumgesprochen hat, dass man als Unternehmen Reklamationen als Chance begreifen sollte, um

a)    Kunden dafür zu danken, dass sie weiterhin Kunde bleiben wollen, deshalb reklamieren und einem so die Möglichkeit einräumen, aus einem unzufriedenen Kunden wieder einen zufriedenen zu machen. Würden Sie die Reklamation nämlich nicht tätigen, wären Sie schon weg und

b)    daraus zu lernen und Unzulänglichkeiten abzustellen.

Wenn ich aber lese, wie offensichtlich große deutsche Premiumautomobilunternehmen mit dem Thema Reklamationen umzugehen scheinen, dann ist das nicht mehr Reklamationsmanagement 2.0, sondern eher 6.0…Von der Notenstufe her meine ich…

Folgende Auszüge:

Kunde: „Die Situation mit dem Ersatzwagen hat mir weniger gefallen. Ich musste auf 70 km 14 Liter tanken, da der vorherige Fahrer das Fahrzeug wohl nicht richtig aufgefüllt hat.“

Antwort des Kundenservices: „Vielen Dank für Ihre Rückmeldung, der wir auch in diesem Einzelfall nachgehen werden, um unserer Kundenwertschätzung gerecht zu werden.“

Was für eine unpersönliche Nachricht! Möchte man den Kunden behalten und zufriedenstellen oder zeigen, dass man dem Praktikanten das Buch „Reklamationsmanagement für Dummies!“ zu lesen gegeben und diesen dann selbstständig nervende Kundenbriefe beantworten gelassen hat.

Oder auch:

Kunde: „Früher war der Service in der Niederlassung besser. Wenn er auf Dauer so ist wie bei diesem Besuch, bin ich auch auf Dauer unzufrieden.“

Antwort des Kundenservices: „Vielen Dank für Ihre Verbundenheit und Ihre hieraus resultierenden Rückmeldung, die wir gerne aufnehmen.“

Hat der Kunde von Verbundenheit gesprochen oder wollte er viel mehr sagen, dass auf Dauer keine Verbundenheit mehr besteht, wenn man weiterhin so mit ihm umgeht.

Bei dem größten Radiosender Deutschlands gäbe es nun die „Dilettanten-Klatsche“ für die Unfähigkeit, den Kunden in seinen ureigenen Bedürfnissen wahrzunehmen.

Was aber wäre richtig? Wie muss man als Entscheider seine Mannschaft auf Reklamationen und den Umgang damit vorbereiten?

Meiner Meinung nach, gilt es zunächst einmal die Beschwerde aufzugreifen und Verständnis dafür zu zeigen. Dabei kann man gerne die Reklamation aufgreifen und mit eigenen Worten nochmals reflektieren. Hierbei sollte man ruhig zeigen, dass man ein Mensch ist und keine Maschine, die Standardschreiben verschickt.

In den konkreten Fällen hieße das:

„Sehr geehrter Herr Mustermann, vielen Dank für Ihre Rückmeldung. Ich kann Ihren Ärger sehr gut verstehen. Auch ich hätte mich geärgert, wenn ich nach 70 gefahrenen Kilometer 14 Liter hätte tanken müssen. Sie können uns glauben, dass gerade das, vor dem Hintergrund, dass wir unsere sparsamen Motoren offensiv bewerben, auch nicht in unserem Sinne ist. Wir haben uns im Kundenservice Gedanken gemacht, wie wir Ihnen eine Freude machen können, die den Ärger wieder ausgleicht und die Freude am Fahren zurückbringt. Was halten Sie davon, wenn…“

oder

Ich rufe in einem Fall, wie dem Zweiten, meinen Kunden an, anstatt ihm zu schreiben. Nirgendwo steht geschrieben, dass Kommunikationseingangskanal und -ausgangskanal identisch sein müssen.

„Guten Tag Frau Mustermann. Hier ist Vorname Zuname von der Niederlassung XYZ. Ich habe Ihre Mail gelesen. Es ist natürlich nicht in unserem Sinne, wenn gerade Sie als langjähriger Kunde den Service nicht als herausragend empfinden. Ich habe gerade einmal nachgeschaut…Sie sind ja wirklich ein treuer Kunde unserer Marke und der Werkstatt. Deshalb ärgert mich das auch, wenn man mit Ihnen nicht so umgeht, wie Sie sich das wünschen. Darf ich mal fragen, was genau passiert ist?“

Das muss natürlich locker und flockig bei Kunden ankommen. Natürlichkeit geht vor hochdeutscher Aussprache. Man hat es mit Menschen zu tun und die möchten auch am anderen Ende einen Menschen sitzen haben, der Sie als Individuum wahrnimmt und versteht, warum man sich als Kunde ärgert.

Warum nur scheint das vielen Unternehmen so schwer zu fallen? Warum gibt man Unsummen aus, um mit Marketing neue Kunden zu gewinnen, anstatt einen Teil dafür zu investieren, bestehende Kunden zu begeistern?

Können Sie mir die Frage beantworten? Ich kann es nicht!

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

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