Manchmal muss man einfach intuitiv entscheiden!

In meinem letzten Blogbeitrag versprach ich Ihnen zu erzählen, wie es mir beim Berlin Marathon ergangen ist. Meine Zielvorgabe waren 3 Stunden und 30 Minuten. Ich war gut trainiert, hatte allerdings aufgrund meiner guten Laufergebnisse erst vor 6 Wochen beschlossen, dieses Jahr einen Marathon anzugehen. Zum Glück hatte ich schon vorher sehr viel Intervalltraining betrieben, um meine Zwischenziele zu erreichen.

Jetzt war also der 30. September gekommen. Meine Familie begleitete mich an diesem Wochenende, was mich etwas entspannte. Dennoch fiel es mir schwer in dieser Nacht zu schlafen. Mein erster Marathon. Sehr viele Menschen hatten mir im Vorfeld erzählt, wie man das Rennen angehen soll und wie wichtig es sei, gerade bei seinem ersten nicht zu „überpacen“, d.h. es nicht zu schnell anzugehen und seinen festgelegten, dem Training entsprechenden Zeitfahrplan nicht zu überschreiten. Die Gefahr eines Einbruchs auf den letzten 10 Kilometern sei einfach zu groß.

Dennoch: Spätestens seit meinem Blog war mir der Managementregelkreis absolut präsent. Analyse und Bewertung der Situation, Zielvorgabe setzen, realisieren, kontrollieren und wieder von vorne… Das alles ging mir in der Nacht durch den Kopf.

Ich fühlte mich gut, warum sollte ich jetzt nicht mein Ziel steigern. Ich hatte es gedanklich seit meiner Halbmarathonzeit beim Gourmetmarathon in Saarbrücken ohnehin schon auf 3 Stunden 15 Minuten korrigiert. Warum nicht ans Maximum gehen und die 3 Stunden angreifen?

Weil es nicht realistisch ist? Stimmt! Eigentlich nicht! Aber wer setzt dieses Limit? Wenn man es nicht probiert, kann man es doch auch nicht schaffen, oder? Meine Intuition sagte mir, dass ich anders herangehen muss als es in Marathonbüchern steht. Eben nicht die ersten 20 Kilometer langsamer angehen und nach hinten raus steigern, sondern die Form auf den ersten 10 Kilometern testen und danach erst den Fahrplan festlegen.

Eigentlich eine dämliche Entscheidung. Schließlich gibt es Experten (im Business auch Berater genannt), die diese Fälle schon x-mal in ihrer Praxis hatten und aufgrund dessen zu Schlussfolgerungen kamen. Und immer wieder haben sich Menschen gegen den Rat gestellt und mussten den Preis dafür zahlen. Warum sollte es das mir also anders sein? „Weil ich es im Gefühl habe!“, sagte ich mir.

Also legte ich mir in dieser schlaflosen Nacht meinen Fahrplan neu fest:

Ich gehe die ersten 10 Kilometer mit der 3-Stunden-Zeit an, analysiere danach, wie ich weiter vorgehe und lege mir für jede weitere 5 Kilometer ein neues Ziel fest, das meinem Zustand in diesem Moment entspricht.

So war es dann auch. Die ersten 10 Kilometer liefen sehr gut. Ich fühlte mich super, also Tempo halten. Durchgangszeit beim Halbmarathon in unter 1:29 und immer noch gut drauf. Um mein Ziel von 3:30 zu laufen hatte ich jetzt mehr als 15 Minuten Vorsprung. Meine Analyse sagte mir, dass ich jetzt die letzten 3 Kilometer sogar gehen konnte und trotzdem noch pünktlich ins Ziel käme. Also: Tempo halten… Und so ging es weiter. Meine Familie sah ich das letzte Mal ungefähr beim offiziellen Kilometer 38 und mir ging es immer noch gut.

Was ich unterschätzt hatte, war, dass man aufgrund der Breite der Straßen und der vielen Kurven bei einem solch großen Marathon nicht nur mit den langsameren Menschen zu tun hat, um die man herumlaufen muss, sondern auch mit der, gegenüber der Ideallinie, extrem verlängerten Strecke. Meine GPS-Uhr zeigte am Ende, wie bei vielen Läufern, die ich im Nachgang gefragt habe, fast 600 Meter mehr Strecke an. Alleine an der Siegessäule auf dem ersten Kilometer bedeutete die Außenbahn 50 Meter mehr als die Linie der „Kenianer“.

Ich musste also entgegen meiner Planung das Tempo halten und konnte nicht, wie geplant, die letzten 5 Kilometer das Tempo leicht reduzieren. Mein Geist wollte das auch, aber mein Körper leider nicht. Stattdessen wurde mir 3 Kilometer vor dem Ziel kurz vor km 39 schwarz vor Augen und ich hatte Angst, dass mein Kreislauf versagt. Also: Analysieren und Tempo zurückfahren, damit ich wenigstens ins Ziel komme. Bei Kilometer 41 ging es dann wieder und so versuchte ich die letzten 1,195 Kilometer nochmal anzuziehen. Dies gelang mir auch gegenüber dem Kilometer 40, jedoch nicht mehr auf das Niveau, das ich zuvor hatte. So zeigte die Uhr beim Zieleinlauf 3 Stunden 00 Minuten und 20 Sekunden bei inoffiziell fast 43 Kilometern.

Das intuitive Ziel von 3 Stunden war also erreicht, die magische Marke von weniger als 3 Stunden jedoch leider nicht gebrochen.

Wie Sie sehen: Manchmal lohnt es, sich auf seine Intuition zu verlassen und alles anders zu machen, als es von den vielen Experten gesagt und geschrieben wird. Was allerdings hier wichtig ist, ist am Ende nicht zu viel zu wollen, immer weiter zu analysieren, eventuell die Kontrollzeitpunkte zu verkürzen und dann Anpassungen vorzunehmen.

Ich denke, das ist im Sport ähnlich wie in der Wirtschaft. Oder was meinen Sie? Wie sind Ihre Erfahrungen?

Lassen Sie es mich wie immer wissen!

Herzliche Grüße

 

Heiko Banaszak

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