Die Großen ärgern – Wie geht das?

Ich war diese Woche auf einer Veranstaltung unseres Unternehmerverbandes in Bielefeld. Die Veranstaltung fand in den Räumlichkeiten der Dr. Wolff Gruppe statt. Dr. Wolff kennen Sie nicht auf Anhieb? Kein Wunder, denn das Unternehmen agiert unter dieser Marke ausschließlich im Apothekenumfeld. Im Konsumentenbereich kennen Sie aber die Marken, die das Unternehmen herstellt mit Sicherheit: Alpecin, Plantur 39, Biorepair und Linola!

Wie kann ein mittelständisches Unternehmen mit einer Fertigungstiefe von 90 Prozent, mit knapp 500 Mitarbeitern und einem Umsatz von knapp 200 Millionen Euro in nahezu gesättigten Märkten wie Shampoo, Zahnpasta und Hautcreme die Größen wie Procter & Gamble, Colgate und Beiersdorf ärgern und die letzten 10 Jahre kontinuierlich Marktanteile abwerben?

Durch geschickte Innovation. Das Unternehmen betreibt konsequent keine Forschung, sondern greift frühzeitig geschickt Wirkmechanismen auf und entwickelt daraufhin ein Produkt, das am Markt einen Mehrwert für den Konsumenten schafft.

Nehmen wir das Beispiel Alpecin. In einer Studie wurde nachgewiesen, dass Koffein nach zwei Minuten in die Haarwurzel eindringt und soweit stimuliert, dass erblich bedingter Haarausfall positiv im Sinne des Nutzers beeinflusst wird. Das hat das Unternehmen aufgegriffen und daraus ein Shampoo entwickelt.

Mit einer aus meiner Sicht heraus sehr durchdachten Marketingstrategie wurde die Idee dann massiv in den Markt getragen: „Alpecin – Doping für die Haare!“.

Das hat funktioniert, und das Unternehmen verkauft inzwischen alleine in Deutschland ca. zwei Millionen Flaschen! Da der Markt für Shampoos in Deutschland nahezu gesättigt ist, führt jede Umsatzsteigerung zu einer Marktanteilsverschiebung zugunsten des Mittelständlers Dr. Wolff und zulasten der übermächtigen Mitwettbewerbern.

Interessant dabei ist, dass der Konsument für den Zusatznutzen auch bereit ist, einen deutlichen Aufpreis zu zahlen. Kostet ein Eigenmarkenshampoo knapp über einem Euro pro Flasche, so muss man bei einem Alpecin-Produkt bereit sein, knapp sechs Euro für die gleiche Menge auszugeben.

Ähnlich ging das Unternehmen bei der Zahnpasta Biorepair vor. Der Mehrwert liegt darin, dass man etwas „draufputzt“ statt „runterputzt“. Auf der Webseite des Unternehmens darf man sich gerne einmal anschauen, was das genau bedeutet. Auch diese Marke schlug ein und führte zu einer deutlichen Wahrnehmung des Produktes am Markt.

Was kann man aus meiner Sicht heraus für sein eigenes Geschäft lernen?

  1. Man braucht einen klaren Zusatznutzen für den Kunden. Diesen muss man nicht zwingend selbst entdeckt haben, aber für sein Produkt bzw. für seine Branche nutzbar machen.
  2. Wenn man diesen Mehrwert hat, muss man das Produkt bzw. die Dienstleistung klar beschreiben und reproduzierbar machen. Was man nur einmal hinbekommt, kann man nicht wirklich.
  3. Hat man einen Standard gefunden, der für den Kunden wirklich eine Verbesserung zum Statusquo darstellt, dann gilt es, diesen über massives Marketing und sehr guten Vertrieb konsequent in den Markt zu tragen. Hierbei ist klotzen und nicht kleckern angesagt. Dies gepaart mit Mut für eine offensive bzw. bisweilen aggressive Werbung, die am Markt bzw. bei den potenziellen Kunden „ankommt“, sollte den gewünschten Erfolg bringen.

Hier hat man als Familienunternehmen durchaus Vorteile, die man für sich nutzen sollte. Eine Werbekampagne mit dem Titel „Doping für die Haare“ wäre bei einem Konzern wahrscheinlich niemals durch alle Gremien inklusive der Rechtsabteilung gekommen. Bei Dr. Wolff gab es einen Verantwortlichen, der diesen Slogan einfach gut fand und mögliche Konsequenzen auf seine Kappe nahm.

Was habe ich aus dem Tag bei Dr. Wolff mitgenommen: Schnelligkeit, mit offenen Augen durchs Leben gehen, um mögliche Innovationen zu erkennen, bevor es andere tun und daraus konsequent ein Produkt oder eine Dienstleistung entwickeln, die man dann massiv und mit Nachdruck in den Markt trägt.

Reflektiert auf unser Unternehmen sind wir bei den ersten Dingen sehr gut. Woran wir noch arbeiten müssen ist das massive und nachdrückliche „In den Markt tragen“. Oder wissen Sie, dass Sie mit unseren Dienstleistungsprodukten wie Executive- und Talentpool Ihre Stellenbesetzungszeit um bis zu 50 Prozent reduzieren können? Nein? Genau das ist unser Fehler! Tolles Produkt, super Idee, kaum vom Wettbewerb adaptierbar, vom Kunden bereits angenommen, jedoch potenziellen Kunden noch nicht bekannt gemacht.

Daran werden wir arbeiten und davon werde ich Ihnen selbstverständlich berichten.

Wie gehen Sie vor? Was tun Sie, um die Großen zu ärgern? Lassen Sie es mich wie immer wissen!

 

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

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