Was ist ein Kunde wert?

Ich hatte heute wieder einmal eines meiner Lieblingsthemen in einem Seminar zu behandeln: Reklamationsmanagement! Kaum ein Thema, bei dem in der Praxis so viel falsch gemacht wird, obwohl die Mitarbeiter doch „eigentlich“ alles nur richtig machen wollen. Da wird überprüft, kontrolliert, dem Kunden erst einmal Misstrauen  entgegengebracht, um nach „eingehender Prüfung“ dann den Umtausch doch endlich zu vollziehen.

Natürlich wollen die Mitarbeiter nur Gutes tun. Sie wollen ihr Unternehmen schützen und unnötige Auszahlungen vermeiden. Doch damit erreichen sie – oftmals ohne es zu wissen – exakt das Gegenteil.

Rechnen Sie doch einfach einmal aus, ob es sich tatsächlich lohnt, mit einem Kunden zu diskutieren:

Wie viel Umsatz macht ein durchschnittlicher Kunde bei Ihnen im Monat?

Was passiert, wenn der Kunde eine aus Ihrer Sicht unberechtigte Reklamation hat und Sie ihm seinen Wunsch nach Umtausch oder Ersatz verweigern? Werden Sie ihn mit einem netten Gespräch 100%ig zufriedenstellen können?

Meine Antwort lautet: „Nein!“

Wenn jemand einen Wunsch äußert und ich verweigere ihm diesen Wunsch, weil ich es als nicht „gerecht“ empfinde, dann werde ich zwar mein Gesicht wahren, beim Kunden aber Unzufriedenheit erzeugen.

Jetzt wird er vielleicht einmal, vielleicht zweimal, vielleicht aber auch mal ein halbes Jahr nicht mehr bei mir kaufen und im schlimmsten Fall vielleicht sogar gar nicht mehr.

Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Realität irgendwo in der Mitte. So schlimm wie viele behaupten, wird es meist auch gar nicht. In der Realität geht tatsächlich nur einer von hundert Fällen mit unterschiedlicher Auffassung von “berechtigt oder nicht berechtigt“ so nach hinten los, dass der Kunde in Zukunft beim Wettbewerber kauft.

Dieser eine Fall wiegt allerdings meist die anderen 99 Fälle auf. Glauben Sie nicht? Rechnen Sie es sich doch mal aus.

Ein Beispiel:

Ein Kunde eines Lebensmitteleinzelhändlers gibt für seine wöchentlichen Einkäufe im Schnitt mindestens 50 Euro aus. Das sind im Jahr bei 52 Wochen und 2 Wochen Urlaub in Italien, in denen er nicht einkaufen kommt, 2.500 Euro. Ist dieser Kunde nun 40 Jahre alt und käme noch die nächsten 30 Jahre zu mir einkaufen, dann sprechen wir von 75.000 Euro. Bei lediglich 20 Prozent Spanne reden wir also über 15.000 Euro, die im Falle eines Kundenverlustes bei der Konkurrenz wären.

Möchte dieser Kunde nun ein Produkt im Wert von 30 Euro bei mir ohne Kassenzettel umtauschen, so muss mir klar sein, dass ich bei einem von 100 Kunden diesen Kunden verlieren werde. Er hat mir vielleicht über viele Jahre vertraut und ich sage zu ihm, „Woher soll ich denn wissen, dass Sie das bei mir gekauft haben?“. Damit zeige ich ihm unmissverständlich, dass ich ihm eben nicht vertraue. Er vertraut mir als seinem Händler aber seit Jahren. Wird ihn mein Verhalten also begeistern? Nein!

100 Mal diesen Artikel ohne Murren mit einem Lächeln umzutauschen, auch ohne Kassenzettel, kosten mich 100*30 Euro bzw. 3.000 Euro. 1 Prozent der Kunden auf Dauer zu verlieren würden mich jedoch pro Kunde 15.000 Euro kosten. Was ist jetzt aus betriebswirtschaftlicher Sicht heraus besser?

Hier gilt es weiterzudenken, wenn Sie an das langfristige Wohl Ihres Unternehmens denken. Ich als Familienunternehmer tue das natürlich, weil ich gerne meinen Kindern etwas Werthaltiges hinterlassen möchte.

Rechnen Sie das doch mal für Ihre Branche durch. Falls Sie Fragen haben, rufen Sie mich an! Ich diskutiere gerne mit Ihnen sehr kontrovers. Ich jedenfalls bin bei Kunden immer auf deren Seite, sofern ich das Gefühl habe, ich kann ihn damit für mich langfristig begeistern.

Wie sehen Sie das? Lassen Sie es mich wie immer wissen!

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

6 Gedanken zu „Was ist ein Kunde wert?“

  1. Hallo Heiko,
    es kann noch viel schlimmer kommen. Habe gerade ein Auto
    bei einem unserer Hauslieferanten gekauft. Der wollte mir den Fahzeugbrief
    nicht aushändigen. Die Rechnung sei noch nicht bezahlt. Konnte sie nicht
    bezahlen weil die Rechnung nicht wie abgemacht zugestellt wurde. So mussten
    wir jetzt mit einem fremden Auto in die Toscana fahren.
    …. und die Ausreden waren auch zum ….
    Vielleicht bietest Du dort mal Deine Dienstleistungen mit
    Empfehlung eines Kunden (von mir) an:))

  2. Kurz und knapp:
    Ihr Kunde fühlt sich verstanden, das Vertrauen wächst, die Geschäftsbeziehung ist wieder mal gestärkt! :-)
    Liebe Grüße
    S. Braun

  3. Hallo Frau Braun,

    Das freut mich! Das Schöne daran ist ja, dass man auch als Dienstleister einem Kunden, den man mag und bei dem man das Gefühl hat jederzeit fair behandelt zu werden auch fair versucht gegenüberzutreten!

    Ich arbeite sehr gerne für Sie!

    Liebe Grüße

    Heiko Banaszak

  4. Hallo Heiko,
    du hast in deinem interessanten Beitrag noch vergessen zu erwähnen, dass ein unzufriedener Kunde seine negative Erfahrung bis zu 20 anderen (möglichen) Kunden mitteilen kann… Dies kann zum Verlust weiterer Kunden (= Umsatz) führen. Kulanz sollte also nicht unterschätzt werden.
    Liebe Grüße
    Heike

    1. Hallo Heike,

      das stimmt natürlich und verändert nochmal zusätzlich die Dimension.
      Ich sehe das absolut so und versuche auch danach zu handeln. Wenn das alle so täten, hätten mich viele als Kunde noch :-)

      Liebe Grüße und „Danke!“ für Deinen Kommentar

      Heiko

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