Ohne Ärger geht’s einfach nicht: Einen neuen „starken“ Mitarbeiter einstellen!

Diese Woche erhielt ich den Anruf eines befreundeten Unternehmers, der mich um ein Beratungsgespräch bat. In diesem erzählte er mir, dass er einen neuen Mitarbeiter eingestellt hätte, der das ganze Team durcheinander bringen würde. Teilweise hätten sich sogar schon vereinzelte Mitarbeiter über ihn beschwert. Die Frage war nun, ob ich diesen Mitarbeiter nicht coachen könne, damit er nicht noch weiter aneckt.

Aus meiner Sicht und auf Basis der Teambildungstheorie gehört aber genau dieser Knall mit dazu. Ganz kurz zur Theorie: Bruce Tuckman geht in seinem Phasenmodell davon aus, dass Teams Zeit benötigen, bis sich die involvierten Mitglieder aufeinander eingespielt haben und untereinander eine Vertrauensbasis besteht. Diese Theorie ist aus meiner Sicht auch nach einer Neueinstellung oder Versetzung eines Mitarbeiters in eine neue Arbeitsgruppe anwendbar. Der Grund für meine Ansicht: Immer dann, wenn ein neuer „starker“ Mitarbeiter zu einem Team dazu stößt, findet ein neuer Teambildungsprozess statt.

Phase 1: Forming

In dieser „Orientierungsphase“ arbeitet das „neu“ zusammengesetzte Team erstmals zusammen. In dieser Phase lotet man sich erst einmal gegenseitig aus, überprüft Vorurteile und ist zum Teil noch verunsichert, wie und ob man in Zukunft eine gemeinsame Basis findet. Man „formt“ sich als Team oder wird sozusagen vom Chef gezwungen, sich als Team zu „formen“.

Phase 2: Storming

Das ist die Konfliktphase. Die unterschiedlichen, teilweise konträren Zielvorstellungen der Teammitglieder kristallisieren sich heraus und prallen aufeinander. Manchmal bilden sich auch kleinere Gruppierungen, die sich verbünden, um gemeinsam das jeweilige Ziel durchzusetzen. Es wird also „knallen“.

Das passiert gerade dann, wenn ein neuer, guter Mitarbeiter in das Team stößt. Dieser weckt Ängste und genau das führt dann häufig zu dem Verhalten, das mein Kunde mir geschildert hat. Langjährige Teammitglieder laufen zum Chef und beschweren sich über das Verhalten des Neuen. Statt sachlich über die Verbesserungsmöglichkeiten der Arbeits- und Organisationsabläufe durch die neu hinzugewonnen Kompetenzen des neuen Kollegen zu sprechen, werden lieber persönliche Dinge in den Mittelpunkt des Konfliktes gestellt.

Statt eines Einzelcoachings durch einen externen Berater wie mich, sollte der Chef in diesem Fall lieber selbst aktiv werden und die nächste Phase mit der gesamten Gruppe aktiv begleiten. Hier macht manchmal auch ein extern moderierter Workshop Sinn.

Phase 3: Norming

Diese Phase dient der (Re-)Organisation. Es werden klare Regeln für die Zusammenarbeit definiert und das Team wendet sich wieder der eigentlichen Arbeitsaufgabe zu.

Wichtig für den Chef dieses Teams ist es, in dieser Phase explizit klar zu machen, dass er keine Regelüberschreitung dulden wird. Jeder, der sich nicht an die gemeinsam definierten Regeln hält, wird ein Problem haben. Nur aufgrund dessen sorgt er dafür, dass mögliche Koalitionen in Untergrüppchen aufgelöst werden. Erst dadurch können sich die Beziehungen der Teammitglieder entspannen und wieder harmonischer werden. Die fixierten Zielvereinbarungen stellen die Arbeitsfähigkeit der Gruppe wieder her.

Hier sollte man sich als Chef darauf einstellen, auch mal ein Exempel zu statuieren, sollte sich wirklich jemand „quer“ stellen. Hart durchgreifen ist hier angesagt oder für lange Zeit seine Autorität verlieren.

Hat man diese Phase überstanden, kommt man in die Phase, die man sich eigentlich schon von Anfang an gewünscht hätte:

Phase 4: Performing

Die Strukturen sind nun gefestigt, alle Teammitglieder können sich wieder ihren Aufgaben zuwenden und das Team zu der „Performance“ gelangen, die es theoretisch auch zu leisten im Stande ist.

Jede Frage, die mir im Sinne eines „Kann man die Stormingphase nicht überspringen?“ gestellt wird, muss ich leider mit „Nein!“ beantworten! Das ist aber auch gut so! Sonst bräuchte man keine Führungskräfte, die genau diese Prozesse immer wieder steuern müssen.

Ein kleiner abschließender Tipp: Immer dann, wenn wir einen Bewerber mit „starkem“ Charakter vermitteln und Ängste hinsichtlich der Integration bestehen, versuchen wir gemeinsam mit der jeweiligen Führungskraft nicht erst in der Normingphase aktiv zu werden, sondern idealerweise den Punkt, an dem man den „Knall“ in der Stormingphase erwartet vorherzusehen, um schneller in die Performingphase zu gelangen!

Wie handeln Sie an solchen Stellen? Lassen Sie es mich wie immer wissen!

 

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

6 Gedanken zu „Ohne Ärger geht’s einfach nicht: Einen neuen „starken“ Mitarbeiter einstellen!“

  1. Ist es nicht immer die Frage, in welches Umfeld der Neue hineinkommt und mit welcher Absicht er engagiert wurde? Bei Unternehmen, die auf allen Ebenen auf klare Ziele ausgerichtet sind, wird es einfacher sein. Jeder weiß, was zu tun ist und auch der Neue hat sein Ziel. Noch besser ist es, wenn alles auf eine starke Unternehmens-Vision ausgerichtet ist. Doch diese Situation findet man nicht so häufig. Dann ist der beschrieben Weg die Lösung.

  2. Hallo Kehl,

    wieder einmal „Danke!“ für Ihren treffenden Kommentar. Je klarer die Regeln sind, um so leichter fällt die Integration. Dennoch sollte man auch die zwischenmenschlichen Prozesse im Auge behalten werden!

    Liebe Grüße

    Heiko Banaszak

  3. Hallo Alexander,

    dem stimme ich voll und ganz zu. Sollten sich jedoch in einem Team, das „kollaborieren“ soll herausstellen, dass einzelne Mitglieder das bewusst nicht tun wollen auch wenn das zulasten der Gesamtteamleistung geht, dann ist man als Führungskraft gefragt!

    Herzlichen Dank für den Kommentar und liebe Grüße

    Heiko Banaszak

  4. Ohne Ärger geht es (leider) nicht, eine Erfahrung die ich auch unterschreiben kann. Doch die Lehrbuchmäßige Beschreibung der Entwicklungsphasen, sind in der Theorie zwar richtig, in der Praxis sieht es jedoch da wohl oft leider anders aus.

    Genaugenomen habe ich in meinem Berufsleben eigentlich nur zwei Modelle kennen gelernt.

    Model A: Die Diktatur, oder besser bekannt als Druckstrategie bei dem der Chef klare Ansagen Macht, sich jeder danach zu richten hat und durch sämtliche Hierarchieebenen einer Firma dies mal mehr, mal weniger freundlich nach unten weitergereicht wird. Kommt ein Neuer hinzu, wird keiner sich auch meist nur trauen aufmüpfig zu werden, da er sonst das Feuer von oben auf sich ziehen könnte. Und dann gibt’s zwei Entwicklungsmöglichkeiten, entweder ist jeder jedem sein Teufel und versucht den anderen manchmal sogar mit frei erfundenen Geschichten beim nächst höheren Vorgesetzten anzuschwärzen, oder die Teilung in wir hier unten und die da oben bei dem man sich auf der jeweiligen Ebene sofort verbündet weil das erklärte Feindbild die nächst oder übernächst höhere Ebene ist. Die Druckstrategie hat jedoch einen großen Vorteil. Jeder weiß wo vorn und hinten ist, wo oben und wo unten und welchen Platz er hat und wofür er bezahlt wird und seine Befindlichkeiten und Stimmungen und Launen eigentlich niemanden interessieren, bzw. wenn er sich nicht einfügt oder es Ihm nicht passt wo der Maurer dann das Loch gelassen hat. Klare Struktur, klare Ansage, klare Arbeitsaufträge, klare Erwartungen… keine Wiederrede, alles einfach und absolut unmissverständlich.

    Model B: Die gespielte Demokratie, besser bekannt als Mitnahmestrategie, ist aber auch nicht besser. Auch wenn dies im ersten Moment freundlicher wirkt. Denn erfahrungsgemäß hat ein Neuer zwei Wochen Schonfrist und dann wird meist hinten herum angefangen an dessen Stuhl zu sägen. Und ganz ehrlich ob man klare Anweisungen vergibt oder bekommt, oder Ziele miteinander vereinbart, es ist und bliebt schlussendlich, eine Weisungs- und Melde-Kette von oben nach unten bzw. von unten nach oben. Nur dass einige in der Kette aufgrund der gefühlten Freiheiten glauben sich mehr herausnehmen zu können als andere, wichtiger zu sein und sich den Luxus von Befindlichkeiten leisten zu können. Was meist ein einziger Zicken-Krieg ist.

    Noch übler ist es einen Haufen (Team) zu übernehmen welches von der Geschäftsführung verordnete Freiheiten genießt und man sich als Alpha-Männchen/Alpha-Weibchen zwar einerseits erstmal durchsetzen soll und muss,
    aber ohne dabei sich den Respekt über einen Druckstrategie die verpönt und meist
    in solchen Firmen geächtet ist anzuwenden.
    Man erstmal aber nicht weiß wen man im Team im Auge behalten muss und trauen kann und wem nicht. Und man ein Stück weit auf „Gedeih und Verderb“ seinem Team somit ausgeliefert ist, denn als der Neue ist man selbst als Anführer erstmal auf die Informationen wie was läuft aus dem Team angewiesen und muss höllisch aufpassen einer bewussten oder unbewussten Falschinformation nicht aufzusitzen. Auch ist das schön wenn man mit den Mitarbeitern dann gemeinsame Ziele vereinbaren soll und vereinbart, diese zwar ja, ja sagen… sich aber dann nicht an die Vereinbarungen halten. Und man erst eine Chance hat zu reagieren und ggf. zu intervenieren wenn das Kind schon halbwegs in den Brunnen gefallen ist, also erstmal ständig seinen Projekten und Mitarbeitern hinterher laufen muss, damit nicht sofort alles schief geht, bevor man dann mit vollständigem Überblick und auch Kenntnis über seine Mitarbeiter dann irgendwann in den Führungs-Modus wechseln kann.

    Das Problem ist, dass die Geschäftsführung meist sichtbare Änderungen und sofort zumindest zeitnah positive Ergebnisse erwartet und dadurch Druck aufbaut den man aber nicht nach unten weiter geben kann und dank solcher Führungs-Policys darf, da man diese sonst direkt von seinen Mitarbeiter unter die Nase gehalten bekommt.
    Dabei bedenkt die GF selten aber, dass es meist erstmal schlimmer werden muss, damit es besser werden kann. Denn in der Rolle der Führungskraft kann man als der Neue, Mitarbeiter erstmal noch nicht einschätzen und es braucht eine Weile mehrere erste Projekte bis man erkennen kann wäre wie tickt, wer funktioniert und wer ggf. eher ein Quertreiber ist und erst wenn einer der Quertreiber Mist gebaut hat, man reagieren kann diese dann Sanktionieren kann um sich dessen Respekt zu verdienen und diesen Kampf auszufechten. Denn einige Mitarbeiter gerade in diesen kollegial strukturierten Unternehmen neigen dazu Ihre Freiheiten nicht nur bis zum Anschlag auszureizen, sondern regelmäßig zu missbrauchen und tun sich nicht selten schwer sich jemanden neuen Unterzuordnen oder gar von Ihm begrenzen zu lassen.
    Ergo wird nicht selten versucht den neuen Vorgesetzten wieder los zu werden in dem man dem erstmal keinen Grund gibt einen zu sanktionieren und scheiß freundlich zu sein und Ihn dann auflaufen zu lassen. Da er noch keine Erfahrungen mit den Mitarbeitern hat, oder einschätzen kann wer wie ist tappt er in der Regel auch unweigerlich erstmal in die Falle. Und dann kommt es auf die nächst höhere Ebene im zweifeln die der Geschäftsführung an, damit souverän umzugehen und zu erkennen, dass eben dieser Verteilungskampf gerade stattfindet beziehungsweise bevorsteht, und nicht die neue Führungskraft unfähig ist. Nur eben noch keinen Grund hatte sich durchsetzen und Führungsqualitäten beweisen zu müssen, da käme erst jetzt in dieser Phase.

    Denn nun werden die Mitarbeiter-Konten erst wirklich eröffnet auf denen Pluspunkte und Minuspunkte eingehen, und die neue Führungskraft nun auch eine Argumentationsgrundlage erstmalig hat, da einige Mitarbeiter tadellos Ihren Verpflichtungen nachkamen und andere Mitarbeiter quergeschossen haben, welche man nun verwarnen, sanktionieren oder auch entmachten kann und sich so durchsetzen kann mit der Basis eigener Erfahrungen mit einem Team und sich nicht mehr was vom Pferd erzählen lassen muss.
    Leider hat die Praxis aber gezeigt, dass einige Geschäftsführungen sofortige Ergebnisse (Wunder) erwarten und Patzer des Teams, teilweise sogar bewusst verursacht, sofort der Führung anlasten und damit dessen Autorität sogar noch vor den Mitarbeitern untergraben wird. Einer der Gründe weshalb ich auch schon mal das Handtuch geworfen habe, da man manche Dinge sich nicht antun muss und es dann auch egal ist da einem die Nerven keiner Bezahlen kann, wenn man sich gegenüber einem Team als der Neue, Behaupten muss und gleichzeitig nicht mal die Rückendeckung von oben erfährt sondern einem noch in den Rücken gefallen wird.

    Wunder gibt’s woanders liebe Geschäftsführer, aber nicht in der Realität!

  5. P.S.

    Es ist wohl nicht nur vergleichbar mit dem Kampf um die Vormachtstellung eines Rudels sondern auch oft der Erziehung von Kindern, wo das eine Elternteil etwa die Geschäftsführung versucht wird gegen das andere Elternteil etwa die Abteilungsleitung auszuspielen.

    1. Lieber Christian,

      auch wieder einer der längsten Kommentare, die je in meinem Blog geschrieben wurden. Sehr differenziert und gut geschrieben.

      Vielen Dank dafür. War wirklich interessant!

      Liebe Grüße

      Heiko Banaszak

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