Ich will keinen optimierten Dienst am Kunden!

„Die Nummer 47 bitte!“ ruft die junge Dame an der Käsetheke. „Das bin ich!“ sage ich und lege den Zettel in die dafür vorgesehene Abfallbox auf der Theke. Irgendwie stört mich dieses Nummernsystem noch immer, auch einige Monate nach dessen Einführung.

Was ich mir früher immer gewünscht habe, nämlich ein faires System, in dem man in der Reihenfolge dran kommt, in der man sich angestellt hat, sorgt noch immer nicht für die Begeisterung, die es eigentlich erzeugen sollte.

Es stimmt, was die Hersteller auf ihren Webseiten schreiben: Weniger verärgerte Kunden und weniger Reklamationen im Sinne eines „NEIN! ICH bin dran!“ aber leider Gottes auch keine tatsächliche Begeisterung auf Kundenseite.

Was die Hersteller nämlich vergessen, ist, dass ich mich seit Jahren an „meine“ Verkäuferinnen gewöhnt habe. Ich stelle mich bei der entsprechenden Dame an, weil diese mich kennt, weiß, was ich möchte, auf mich eingeht und meine Käsesorten auch „erahnt“, obwohl meine französische Aussprache zu wünschen übrig lässt.

Jetzt bin ich eine Nummer! Ich bin die 47 und muss mich von der Dame oder dem Herrn bedienen lassen, der gerade „Dingdong“  gemacht hat. Ich bin zwar schneller dran, jedoch ist es unpersönlicher als früher.

Stelle ich mich an der Theke an, um „schnell“ meinen Einkauf zu erledigen? Nein, denn schneller ginge es an der Kühltheke beim Kauf von abgepacktem Käse. Ich stelle mich wegen der Person an, die mich so gut und zuvorkommend bedient, wie ich es mir wünsche. Das aber ist nun nur noch dem Zufall überlassen.

Einerseits investieren Unternehmen sehr viel Geld, um Kundenkarten auf den Markt zu bringen und herauszubekommen, wie Kunden ticken und sehen, dass Kunden immer individueller werden, und andererseits ist man plötzlich Nummer 47!

Ich habe das übrigens einmal recherchiert: Es gibt inzwischen mehr Varianten und Sorten an abgepacktem Käse zu kaufen als an der Theke. Man kann teilweise sogar manche Sorten geschnitten kaufen, die man an der Theke mit einer normalen Aufschnittmaschine gar nicht schneiden kann.

Warum ich das alles schreibe? Weil diese „Optimierung“ in vielen Bereichen des Geschäftslebens stattfindet. Da wird der Innendienst nach Postleitzahlen sortiert, Kunden im First-Level-Support mit Einstiegsfragen gequält, obwohl sie technisch in der Lage sind, beurteilen zu können, dass jetzt nur noch der Techniker helfen kann usw.. Aus welchem Grund? Weil der Kundendienst „optimiert“ wurde. Man kann jetzt mehr Kunden in kürzerer Zeit „zufrieden“ stellen.

Ich aber will nicht zufrieden gestellt werden! Ich will begeistert werden! Mich begeistern aber nur Menschen und nicht Systeme. Und wenn ich einmal von einem Mitarbeiter begeistert bin, dann möchte ich beim nächsten Mal wieder mit dieser Person zu tun haben. Das aber sehen viele Optimierungsprogramme nicht vor! Leider!

Ich wünsche mir manchmal Suboptimalität zugunsten eines persönlichen Kundenverhältnisses! Ich bin ja auch kein stereotyper Durchschnittskunde. Ich bin nicht die 47, sondern Heiko Banaszak mit meinen eigenen Bedürfnissen!

Und Sie? Wer sind Sie? Was wünschen Sie sich? Lassen Sie es mich wie immer wissen!

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

 

 

8 Gedanken zu „Ich will keinen optimierten Dienst am Kunden!“

  1. Hallo Heiko,
    heute muss ich auch mal meinen Senf dazu beitragen, da genau diese Problematik bei meinem ehemaligen AG immer wieder diskutiert wurde.

    Um es vorweg zu nehmen: Ich befürworte eine solche Standartisierung und damit die „Degradierung“ des Kunden für Standartabläufe (!!) wie z.B. den von Dir erwähnten Besuch der Käsetheke. Aber warum?

    Als erstes sollte man betrachten warum solche Systeme überhaupt eingeführt wurden. Ohne jetzt empirische Forschungen betrieben zu haben, denke ich es lag es einfach an unserer deutschen Mentalität. Der „ich-bin-jetzt-dran-Typ“ ist hier in Deutschland weit verbreitet, so dass es teilweise so aussah dass unsere geliebte Käseverkäuferinnen mehr als kriseninterventionsteam zur Schlichtung von Kundenstreitigkeiten eingesetzt wurden, als die Kunden bzgl. der richtigen Käseauswahl zu beraten.
    Das dadurch natürlich auch mehr Kunden bedient werden können, ist ein schöner Effekt einer Win –Win-Situation! Oder hast du als Kunden etwa Zeit zu verschenken?!? (Ich verzichte jetzt bewusst auf die Rechnung was du bei deinem Stundenlohn alles an Einnahmen verlierst, da ich nicht sicher bin ob wordpress mit solch großen Zahlen umgehen kann….kleiner Scherz am Rande……;-))) )
    Von dem Abgesehen haben durch dieses System insbesondere junge, dynamische Verkäufer eine Chance auch mal ihr Können zu beweisen!! Vielleicht haben die jungen Verkäufer ein aktuelleres und umfassenderes Wissen und können dir dadurch eine noch bessere Beratung bieten. Dadurch dass du immer zur selben Beraterin gehst, gibst du anderen Mitarbeitern noch nicht mal die Chance ihre Fähigkeiten zu zeigen……….Wenn du dir ein Auto kaufst, achtest du ja auch darauf dass es möglichst das neuste Modell ist und nicht ein Auto mit alten Standards oder altem Facelift. Warum gehst du in diesem Bereich mit der Zeit, bleibst aber beim Käsekauf „oldschool“ wenn es um das Thema Beratung geht.
    Ich denke der Casus knaxus liegt eher in der Schulung der Mitarbeiter. Jeder Mitarbeiter sollte eine gleichbleibende gute Beratung ermöglichen die auch jeden Kunden begeistert. Dass dies in der Praxis nur schwer umzusetzen ist, ist durch den Individualismus des Menschen selbsterklärend.
    Ich möchte abschließend aber auch ganz deutlich sagen, dass wir hier von Standartprodukten bzw. –abläufen sprechen. Es gibt mit Sicherheit Bereiche, da ist eine personenbezogene individuelle Beratung definitiv von nöten. Aber mit Sicherheit nicht beim Käse kauf.
    Long story short: Man muss mit der Zeit gehen und wer nicht wagt der nicht gewinnt.

    1. Lieber Marcus,

      Ich werde sehr intensiv über Deine Sichtweise nachdenken.

      Irgendwie habe ich nach dem Lesen, das Gefühl alt zu sein, weil ich da noch „Old School“ bin. :-)

      Liebe Grüße und „Danke fürs Kommentieren“

      Heiko

  2. hallo, standarts hin oder her, wenn ich als haendler / einzelhaendler wert auf kundenservice lege, dann soll doch bitte die beziehung zwischen kunden und mitarbeiter im vordergrund stehen, sonst kann ich ja auch aehnlich des mc drive meine wuensche in ein micro sprechen und erhalte meine „individuelle“ bestellung abgepackt in der Kuehltheke am ausgang….

    ich will das nicht, bzw ich haette gerne die wahl!

    gruesse tina

  3. Genau das war der Grund, warum ich die Geschäftsbeziehung zu „meiner“ damaligen Bank aufgegeben habe; bei jedem Besuch den Personalausweis vorzeigen müssen und kein bekanntes Gesicht/Mensch zu sehen, der meine Bedürfnisse kennt und nicht erläutert bekommen muss, hat mir nicht zugesagt. Wenn ich als Mensch nur noch eine Nummer bin, dann geht das eben nur bei standartisierten „Behandlungen“ und nicht dort, wo Wert auf persönlich gestalteten Service gelegt wird.

    1. Hallo Frau Petermann,

      anscheinend scheint mein dieswöchiger Blog einigen aus der Seele zu sprechen. Ähnliche Mails erhielt ich von vielen Lesern.

      Danke für Ihr Feedback!

      Liebe Grüße

      Heiko Banaszak

  4. Wo ich das Thema und die Kommentare hier doch gerade so durchlese und sogar mal die Zeit dazu habe mich an einem Thema zu beteiligen.

    Bei mir schlage wie so oft zwei Herzen in meiner Brust. Einerseits schätze ich auch die Individualität eines Kundengesprächs schon weil ich dazu neige gern mal zu „schnacken“ (mia culpa) und eindeutig Individualist bin, auch wenn ich gelernt habe mit dem Alter mich an den Mainstream anzupassen.
    Andererseits gehörten Kundensysteme wie besagte Clubs/Karten zu entwickeln u. a. schon öfters je nach Projekt zu meinen beruflichen Aufgaben. Und ich trenne Job und private Meinung strikt.

    Privat möchte ich auch nicht die Nummer 47 sein, noch irgendeine andere Nummer. Ich bin sogar ein Gewohnheitstier das seinen Lieblingsverkäufer, genauso hat wie seinen Lieblingsjogurt, sein Lieblingsbrot oder seine Lieblingssalami hat und gerne nach langer Suche (Versuch und Irrtum) wenn gefunden dann gerne unbeirrt immer wieder kauft. Die Tatsache dass alles was mir dann mal schmeckt grundsätzlich aus dem Sortiment genommen wird gehört zwar nicht zum Thema ist aber immer wieder ein Ärgernis. Doch gehört für mich zum Ritual des eher lästigen Einkaufs dann auch einfach mein Stammverkäufer, Stammbanksachbearbeiter oder Stammkundendienstmitarbeiter. Privat gibt es eigentlich nichts Schlimmeres als diese „Optimierungen“ oder „Standardisierungen“. Wer kennt es nicht bei einer Hotline anzurufen und nur an optimierte First-Level-Agenten zu geraten die völlig planlos sind und keinen Schimmer von dem haben was sie betreuen sollen. Und sobald keiner Ihrer 5 auswendig gelernten Standartsätze passt einfach auflegen und man erneut anrufen muss. Nach dem 20ten anruf mit dem Gefühl das man in der Endlosschleife aus „…und ewig grüßt das Murmeltier“ gelandet ist wird es dann nervig. Weshalb ich auch eine Bank habe mit einer persönlichen Sachbearbeiterin und deren Durchwahl und obwohl ich weder Tele- noch Onlinebanking mache, ein Anruf genügt um Überweisungen, Änderungen von Daueraufträgen oder sonstige Abfragen oder Aufträge zu beauftragen. Und ich stehe Regelmäßig vor der Kernschmelze weshalb ich auch so gern einkaufen gehe, wenn man in einem Geschäft steht und
    statt einem Qualifizierten Ansprechpartner nur noch Aushilfen findet die einem nur mit Mühe bestenfalls noch den Weg zur Kundentoilette beschreiben können aber nichts über die Waren sagen die sie den ganzen Tag in die Regale als Auffüller einräumen. Und dass ist leider im Baumarkt genauso wie beim Anzugkauf. Der letze war ein Desaster! Und ich kam mir als Kunde ziemlich verlassen vor.

    Beruflich wiederum erkenne ich wohl das was hier noch keinem aufgefallen zu sein scheint. Es geht weder darum für mehr Gerechtigkeit bei der Kundenabwicklung zu schaffen und wohl auch nicht mehr Kunden in der gleichen Zeit abwickeln zu können. Es geht eher darum den Kunden zu erziehen. Denn je mehr der Kunde selbst macht, je weniger er nach Service oder Fachlicher Kompetenz frägt umso besser für das jeweilige Unternehmen. Es geht wie bei allem nur ums liebe Geld. So kann ich zwar nicht genau sagen wie viele Mitarbeiter eingespart wurden durch die Einführung von Kontoauszugdruckern und Kundenterminals, doch es waren einige. Oder das nicht mehr Kunden an der Kasse bedient werden können, sondern die gleichen Kunden von weniger Kassiererinnen abgewickelt werden können, wenn der Kunde selbst statt die Kassiererin die Waren in die Tüten packen muss. Und auch die Kosten gesenkt werden, wenn statt auf der vermieteten Boutique-Fläche eines Kaufhauses, welches eigentlich nur noch die Immobilie als Vermieter stellt und nur noch wenig mit dem Warenangebot oder dem „Fachpersonal“ auf den Verkaufsflächen zu tun hat, welches meist von der jeweiligen Herstellermarke als Promoter oder Rackjobber beschäftigt wird. Promoter gibt’s jedoch meist nur einen und der ist nicht immer da. Die Rackjobber hingegen sind meist nur noch das Wachpersonal damit die Ware bevor sie die Verkaufsfläche verlässt wenigstens noch an der Kasse vorbei wandert, doch Fragen darf man diese Herrschaften nichts, da Sie keine Ahnung haben und für Fragen zu beantworten im Gegensatz zu dem inzwischen eher selten gewordenen richtigen „Fachpersonal“ auch gar nicht ausgebildet sind. Doch Beratung belegt eben einen meist teuren weil qualifiziert ausgebildeten Fach-Mitarbeiter, während der Rackjobber fast nichts kostet und nachdem die Kunden mit egal welcher Frage keine vernünftige Antwort erhalten, sich damit abfinden und selbst beraten hat man die Kosten für den Service damit einfach gespart. Das ist der einzige Grund weshalb alles Optimiert und Standardisiert wird, es spart einfach kosten und schraubt den Gewinn nach oben, da die Marktsättigung oft nicht mehr zu steigern ist können Gewinnzuwächse nur noch durch Einsparungen generiert werden. Traurig aber wahr.

    Ein schönes Kontrastprogramm zur Servicewüste Deutschland bietet übrigens Luxemburg, wo ich unlängst vor lauter Service anfangs fast schon überfordert war. So findet man keine Fahrscheinautomaten an luxemburgischen Bahnhöfen, sondern noch echte Menschen die sogar Ahnung haben und die man etwas fragen kann. Es gibt keine großen Kaufhausketten in der Luxemburger Innenstadt und will man eines der kleinen Geschäfte betreten steht sogleich ein aufmerksamer Mitarbeiter bereit der einem freundlich mit einem „Hallo“ die Tür öffnet… ich hab sogar kurzfristig überlegt ob ich jetzt Trinkgeld geben muss. Und ich erlebte Service wie man sich Ihn vorstellt, in einem Laden der noch keine 25 qm Verkaufsfläche hatte standen mir gleich drei Verkäufer zur Verfügung welche eindeutig noch wussten was sie verkaufen.
    Dass selbst wären noch mehr Kunden da gewesen die Wartezeiten wohl eher kurz ausgefallen wäre. Und der Service ist sogar meist in drei Sprachen… wobei ich erst beim Anschließenden Essen etwas verwundert bis irritiert war als mir die Servicekraft scheinbar den Vogel zeigte, als ich an der Reihe war. Bis mir klar wurde, dass sie mir nicht den Vogel zeigt, sondern auf einen Button mit der jeweilige Landessprache die Sie spricht, der an der Mütze Ihres Service-Outfits befestigt war. Und ich stand in der Schlage für Französisch und die verstand mich einfach nur nicht. Und zu guter letzt wurde ich sogar erstmalig dreisprachig in der Fußgängerzone um einen Euro angebettelt, denn sogar die lästigen Schnorrer sind in Luxemburg höflich und sprechen drei Sprachen.

    Ich fand es also schon fast schade als ich mir dann für den Rückweg am Bahnhof mein „Rückführungsticket“ kaufte um damit nach Deutschland zurückgeführt zu werden… das Teil heißt wirklich so… und war nach dem Tag in Luxemburg ein echter Brüller… und sollte mir wohl sagen: „Lieber Besucher, Du bist willkommen und darfst gerne kommen um dein Geld bei uns auszugeben, und bekommst dafür wirklich etwas (ein Einkaufserlebnis) danach führen wir dich aber dann auch wieder zurück in deine Heimat, weil muffige Deutsche oder stinkstieflige Franzosen brauchen wir sonst nicht und bleiben lieber unter uns.

    Unweigerlich entstand in meinem Kopf das Bild welches mich sehr amüsiert hat, wie es wohl im Mittelalter gewesen sein musste in Luxemburg… vermutlich durften auch alle kommen um Handel zu treiben, und erlebten zuvorkommenden Service und gute Geschäfte, doch abends wenn der Marktplatz geschlossen wurde und wer dann noch übrig war wurde vermutlich auf ein Katapult gesetzt und wieder zurück über die Mosel geschossen… *lach*

    Und recht haben die Luxemburger in jeder Hinsicht, kann man sich „good old germany“ eine dicke Scheibe von Ihnen abschneiden. Ich kann jedem der mal Service erleben will einen Tag in Luxemburg nur empfehlen, danach wird einem erstmal bewusst was alles bei uns hier fehlt bzw. auf die Kunden abgewälzt wurde.

    Gruß

    Christian

    1. Lieber Christian,

      der mit Abstand längste Kommentar meines Blog seit der Erstveröffentlichung vor unmehr knapp 1,5 Jahren. Danke dafür!

      Aber nicht nur die Länge war klasse, sondern auch der Inhalt. An manchen Stellen habe ich herzhaft lachen müssen, an anderen Nachdenken.

      Genau das ist der Austausch, den ich hier in diem Blog gerne hätte…

      Liebe Grüße

      Heiko Banaszak

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