Was muss man bei Ihnen tun, um entlassen zu werden?

Wir befinden uns in einem Vorstellungsgespräch. Der Kandidat hat bis hierher wirklich klasse performt. Mein Kunde hatte auch bereits dieses Lachen im Gesicht, das mir verriet, wie begeistert er war. Die letzten Minuten brachen herein. Es waren diese letzten Momente, die sich normalerweise in einem Vorstellungsgespräch ziehen wie Gummi. Der Geschäftsführer fragt den lapidaren Satz: „Und? Haben Sie noch Fragen an uns?“, und rechnet eigentlich damit, dass der Kandidat einige brave Standardfragen stellt. Stattdessen nun das: „Was muss man denn bei Ihnen tun, um entlassen zu werden?“

Ich möchte den Dialog kurz mit einigen einfachen Regieanweisungen wiedergeben:

„Mmmmhhhh…Eine gute Frage…Ich denke, man muss einfach seine Leistung nicht bringen! Warum stellen Sie eigentlich ausgerechnet diese Frage?“

„Weil man an dieser Frage die Kultur sehr schön ablesen kann. Wir hatten im letzten Unternehmen nämlich einige Mitarbeiter, die ihre Leistung nicht erbracht haben. Das wusste jeder und trotzdem ist denen nichts passiert. Wann haben Sie denn den letzten Mitarbeiter entlassen, der seine Leistung nicht erbracht hat?“

– Wieder einige Sekunden Stille –

„Mmmmhhhh…Wieder eine gute Frage…Das ist schon einige Zeit her…Eigentlich haben wir auch keine wirklich schlechten Mitarbeiter. Außerdem sind wir ja ein Familienunternehmen…Aber wirklich interessant…So habe ich das echt noch nie gesehen…Haben Sie denn sonst noch eine Frage?“

„Klar! Mich würde natürlich auch der gegenteilige Fall interessieren: Was sind denn die Kriterien nach denen man bei Ihnen befördert wird?“

– Wieder einige Sekunden Stille –

„Mmmmhhhh…Jetzt wollen Sie es aber ganz genau wissen…Nun, ich denke, wer gut ist, wird bei uns auch seinen Weg machen!“

„Das denke ich mir auch, sonst hätte ich mich ja nicht hier beworben. Mich interessieren aber die Kriterien, nach denen Sie mich z.B. auf meiner neuen Stelle messen werden. Was sagt Ihnen und mir denn, ob ich auf einem „guten“ Weg bin?“

– Wieder einige Sekunden Stille –

„Mmmmhhhh…Sehr gute Fragen, die Sie da stellen…Darüber mache ich mir auf jeden Fall Gedanken, bevor Sie möglichweise anfangen werden…“

Was denken Sie? Hat der Kandidat ein Jobangebot bekommen? Leider nicht! Die Begründung war sehr interessant: „Der war mir irgendwie unsympathisch gewesen. Viel zu fordernd!“.

Das habe ich nicht verstanden! Der Kandidat hat sich auf eine Führungsposition beworben. Er denkt genau so, wie man es Führungskräften in Seminaren beibringt. Er denkt in Zielen und möchte diese gerne so gut es geht messbar machen. Eigentlich genau das, was im Profil verlangt war. Komisch nur, dass genau das zur Antipathie führte.

Will man nur Führungskräfte, die brav mit dem Strom schwimmen oder will man Kandidaten, die auch selbst Führungsstärke zeigen?

Ich schon! Und Sie? Hätten Sie eine konkrete Antwort auf die beiden Fragen gehabt? Wäre das Ihr Kandidat gewesen oder wäre das auch bei Ihnen schlecht angekommen?

Auch ich bin sehr lernfähig. Deshalb: Lassen Sie es mich wie immer wissen!

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

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