Blindbewerbungen sollten von Sehenden beurteilt werden!

Ich habe die letzten Tage wieder einmal meiner Leidenschaft gefrönt und einen Workshop an der Universität gehalten. Der Teilnehmerkreis bestand aus Studenten, Absolventen und sich in der Promotion befindlichen wissenschaftlichen Mitarbeiter der Universität. Das Thema war: „Kommunikation in Wirtschaftsunternehmen!“.

In einer spannenden Diskussion bekam ich eine höchst interessante Frage gestellt: „Was kann ich tun, damit ich einmal ein positives Feedback auf meine Blind- bzw. Initiativbewerbung bekomme?“

Ich fragte die Absolventin, die sich kurz vor dem Abschluss ihrer Promotion befindet und drei Sprachen fließend spricht, wie denn ihre Erfahrungen sind, sich bei einem Unternehmen zu bewerben, das eigentlich keine konkrete Stellenausschreibung für sie im Internet bereit hält. Die Antwort war ernüchternd: Sie sagte, entweder erhalte sie gar keine Antwort oder eine Absage. Bei Initiativbewerbungen habe sie bisher noch nie eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekommen.

Das ist angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage und dem Profil der Absolventin sehr schwer nachvollziehbar. Ich habe mir also die Mühe gemacht, eine nicht repräsentative Umfrage unter einigen unserer Mandanten zu machen und zu fragen, wer denn die Initiativbewerbungen, die eingehen, bearbeitet. Auch die hier erhaltenen Antworten waren ebenso ernüchternd: Sie reichten von „Das weiß ich jetzt auf Anhieb nicht!“, bis zu „Die Personalabteilung!“, doch nie war die Antwort „Das mache selbstverständlich ich!“.

Jetzt wurde mir auch schlagartig klar, warum uns in den letzten 6 Monaten eine Stellenbesetzung mit einem Kandidaten gelungen ist, der 2 Monate vorher von genau diesem Unternehmen eine Absage erhielt.

Um beurteilen zu können, ob ein Initiativbewerber für das Unternehmen interessant ist, muss man die zukünftige Strategie des Unternehmens kennen. Der Grund ist ganz einfach: Akut braucht man niemand, sonst hätte man die Stelle ausgeschrieben. Hätte man aber die Stelle ausgeschrieben, dann hätte sich der Kandidat nicht „blind“, sondern auf eben diese Stelle beworben.

Nur wer die mittelfristige Strategie des eigenen Unternehmens kennt, kann beurteilen, ob jemand vielleicht innerhalb der nächsten Monate interessant werden könnte. Nur diese Person kann beurteilen, ob es sich vielleicht heute schon lohnt, eine Stunde für ein Vorstellungsgespräch zu investieren.

Deshalb möchte ich im dieswöchigen Blog folgende zwei Punkte als Empfehlungen geben:

  1. Gehen Sie ordentlich mit Initiativbewerbungen um. Die Bewerber haben sich bewusst für Ihr Unternehmen entschieden, weil sie es toll finden. Zerstören Sie diesen Eindruck nicht, indem Sie es zulassen, dass „respektlos“ mit diesen Personen umgegangen wird.
  2. Sorgen Sie dafür, dass diejenigen, die beurteilen, ob eine Initiativbewerbung interessant sein könnte oder nicht, auch wissen, wie denn die zukünftige Strategie des Unternehmens aussieht. Planen Sie beispielsweise die Expansion nach Skandinavien, dann wäre es schön, wenn derjenige, der die Bewerbung eines norwegisch sprechenden Deutsch-Schweden auf den Tisch bekäme, diesem nicht leichtfertig absagt. Könnte man dem Azubi in der Personalabteilung hierfür einen Vorwurf machen? Nein, eher dem, der zugelassen hat, dass dieser diese Aufgabe übernimmt.

Deshalb: Blindbewerbungen sollten von „Sehenden“ beurteilt werden!

Wie sieht der Prozess derzeit in Ihrem Unternehmen aus? Stimmen Sie mir in meinem Fazit zu? Lassen Sie es mich wissen!

Herzliche Grüße

Heiko Banaszak

2 Gedanken zu „Blindbewerbungen sollten von Sehenden beurteilt werden!“

  1. Ein guter Beitrag, dem ich zustimme. Dies in der öffentlichen Verwaltung umzusetzen, ist erfahrungsgemäß nicht ganz einfach, sollte aber meines Erachtens niemand abhalten, das zu tun.

    1. Liebe Frau Petermann,

      danke für Ihren Kommentar. Sicherlich ist die öffentliche Verwaltung etwas schwieriger. Überall, wo man von Planstellen spricht ist gesteuertes Talentmanagement weit weg. „Man“ müßte ja über Bedarf einstellen und das ist im System selten vorgesehen.

      Trotzdem: Die Hoffnung lebt immer am längsten :-)

      Liebe Grüße

      Heiko Banszak

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