Ich lerne, also bin ich!

In meinem letzten Blogbeitrag habe ich mich intensiv der Frage zu widmen versucht, was man als Unternehmer braucht, um langfristig erfolgreich zu sein. Hierbei war ein wichtiger Aspekt, dass ich glaube, dass man nur durch eine hohe Fehlertoleranz die Anpassungsfähigkeit an Umweltveränderungen langfristig sicherstellen kann.

Diesen Aspekt fand ich so wichtig, dass ich mir einiges an Literatur mit in den Urlaub genommen habe. Die meisten Menschen glauben, Fehler seien etwas Schlechtes und wenn einmal ein Fehler passiert, dann muss man nur ganz einfach aus diesem lernen.

Dass erstere Meinung grundsätzlich falsch ist, habe ich schon in einem der Blogbeiträge beschrieben (letzter Artikel). Nach Studium der einschlägigen Quellen, glaube ich, dass viele Unternehmen inklusive dem meinigen noch nicht 100%ig aufgestellt sind, um ein Lernen aus Misserfolgen wirklich zu gewährleisten.

Oft herrschen viele althergebrachte Meinungen vor, und man macht es sich leicht, indem man Fehlerursachen oberflächig betrachtet: „Die Prozesse wurden einfach nicht eingehalten!“, „Da wurde nicht genau analysiert, sondern einfach nur gemacht!“, „Das passiert, wenn man die falsche Person die richtigen Sachen machen lässt!“ usw., sind die Lehren, die man aus Fehlern zu ziehen versucht.

Inzwischen schließe ich mich der Meinung von Amy C. Edmondson, Professorin für Leadership und Management an der Harvard Business School, an. Es muss eine neue Denkweise geben.

  • Gedankliche Trennung von Fehler und Schuld

Schon in der Kindheit lernt man, dass es schlecht ist, einen Fehler zuzugeben, weil man dann automatisch auch die Schuld daran trägt und häufig bestraft wird. Dies gilt es zu ändern, ohne dabei den Eindruck entstehen zu lassen, alles sei erlaubt!

Ich gebe zu, dass ich mich beim Durchdenken dieses Blogbeitrags immer wieder erwischt habe, in alte Denkmuster zurückzufallen. Man muss einfach eine Kultur entstehen lassen, in der man sicherstellt, dass Mitarbeiter ihr Bestes geben, auch wenn sie wissen, dass sie nicht für Fehler in Rechenschaft gezogen werden. Ich gebe zu, dass auch in unserem Unternehmen an diesem Punkt noch einiges zu überarbeiten gilt.

Aber genau darum geht es ja: Das Unternehmen für die Zukunft weiterzuentwickeln und aufzustellen!

  • Analyse der Fehlertypen

Ich denke, dass man Punkt 1 nur dann erreichen kann, wenn man sich bewusst macht, dass es unterschiedliche Fehlertypen gibt und nicht alle Fehler gleich sind. Meiner Meinung nach sind das vier:

a)   Vermeidbare Fehler in einem planbaren Umfeld

Das ist der Fehlertyp, der es einem tatsächlich so schwer macht, sich an Punkt 1 zu halten. Hier hat offensichtlich jemand leichtfertig gegen klare Regeln verstoßen. Statt zu tadeln, gilt es hier den Weg der kontinuierlichen Verbesserung zu gehen. Prozesse überprüfen und Nachschulen der betroffenen Mitarbeiter ist angesagt!

b)   Unvermeidbare Fehler in einem komplexen Umfeld

Ein Großteil der Fehlschläge im Arbeitsumfeld besteht meiner Meinung nach aus diesem Fehlertyp. Es gibt einfach Situationen, die kaum planbar sind: „Welchen Patienten behandelt der Arzt in der überfüllten Notaufnahme zuerst?“ oder „Hinter welchem potenziellen Neukunden steckt das meiste Potenzial und wem gilt es daher hohe Aufmerksamkeit schenken?“, sind nur zwei Beispiele.

Hier sind kleinere Fehler unvermeidlich. Wichtig ist hier, den Prozess im Auge zu behalten, um schnell reagieren zu können. Dazu braucht es genau die Kultur der Fehlertoleranz, damit Mitarbeiter auch mal zugeben können, aufs falsche Pferd gesetzt zu haben.

Häufig entsteht ein komplexes Umfeld übrigens durch eine zu hohe Arbeitsbelastung der handelnden Personen. Dies müssen diese auch im laufenden Prozess zugeben können, und dazu braucht es ebenfalls eine entsprechende Kultur.

c)   Kluge Fehler an der Grenze des Wissens

Misserfolge in diesem Bereich sind sehr gut, da sie das Wissensspektrum im Unternehmen erhöhen. Es wusste einfach niemand, wie sich etwas unter bestimmten Bedingungen verhält. Wie tief veraltetes Denken in uns drinsteckt, merkt man an der Formulierung: „Da habe ich mich geirrt!“. Dies würde ja implizieren, dass es im Vorfeld schon eine „richtige“ Antwort gegeben hätte. Die richtige Antwort muss aber erst noch gefunden werden. Also: Weiterforschen und unbekannte Welten entdecken.

Das sind die klassischen Fehlertypen. Überlegen Sie sich doch einmal, welcher Fehlertypus wirklich tadelnswert ist und fragen Sie sich, wie oft Sie tadeln, ohne dass der Mitarbeiter dies verdient hat.

Um die Komplexität noch etwas zu erhöhen, möchte ich einen vierten Fehlertypus hinzufügen, den ich in einem anderen Artikel des Harvard Business Managers gefunden habe und den man auch im Bereich der Arbeitssicherheit kennt.

d)   „Beinaheunfälle“

Beinaheunfälle sind eigentlich, für Fehler-intolerante- Unternehmenskulturen, das Schlechteste was passieren kann. Man kam gerade nochmal so drumherum. Ein Satz wie: „Zum Glück ist nichts schief gegangen!“, sollte Sie in Zukunft hellhörig machen. Wäre nämlich kein Glück im Spiel gewesen, wäre etwas passiert, das Ihrem Unternehmen geschadet hätte. Und auf Glück sollten Sie sich besser nicht verlassen.

Psychologisch passieren zwei nicht gewünschte Effekte bei diesem Fehlertyp: Im ersten Fall normalisiert man den Fehler, d.h. man hat den Fehler erkannt und trotzdem hat es funktioniert. Warum sollte es dann nicht auch beim nächsten mal klappen; im zweiten Fall veranlasst das positive Ergebnis die Entscheidungsträger noch nicht einmal dazu, zu überprüfen, wie das positive Ergebnis zustande gekommen ist. Dieses, als „Outcome-Bias“ bekannte Problem, kann zu folgeschweren Fehlentscheidungen in der Zukunft führen. Der Testlauf hat aufgrund glücklicher Umstände geklappt, dann wird das wohl auch in der Serie gutgehen!

Wie Sie sehen, sind Fehler nicht gleich Fehler und daraus zu lernen, vielleicht doch nicht so leicht wie man häufig glaubt.

Was sind Ihre Erkenntnisse für Ihr Unternehmen? Wie wird in Ihrem Unternehmen mit Fehlern umgegangen? Es würde mich interessieren!

Heiko Banaszak

Anbei die für diesen Artikel maßgeblich verwendete Literatur:

Tinsley, Cathrine H., Dillon, Robin L., Madsen, Peter M., So vermeiden Sie Katastrophen, in: Harvard Business Manager, Juni 2011, 67-76

Edmondson, Amy C., Die Kunst zu lernen, in: Harvard Business Manager, Juni 2011, 29-39

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