Wenn Du endlich den Stundenlohn haben möchtest, den Du verdienst, geh einfach früher heim!“

Diesen Tipp erhielt nach eigener Aussage einer meiner Seminarteilnehmer von einem Freund. Was dieser Freund meinte, dass man „problemlos“ seinen Stundenlohn erhöhen könne, in dem man seine Stunden einfach auf das Sollmaß reduziert und sich nicht „wie ein Doofer“ jeden Tag zum Wohle seines Unternehmens abrackert.

Natürlich war das nicht ernst gemeint und der Seminarteilnehmer, der das erzählte ist genau das Gegenteil von dem Menschentyp, der einen solchen Tipp sofort in die Tat umsetzen.

Tatsache aber ist, dass jeder Spruch auch etwas Wahres in sich trägt.

Es gibt so etwas wie einen Gerechtigkeitssinn, den jeder Mitarbeiter hat. Jeder hat ein Gefühl dafür, was er für sein Unternehmen leistet. Das ist natürlich eine subjektive Größe. Oftmals stimmen Eigenbild und Fremdbild des Mitarbeiters nicht überein. Tendenziell empfindet er seinen geleisteten Input als höher als das andere tun würden. Dennoch: Er hat dieses Gefühl.

Diesen Input, also seinen Arbeitseinsatz und die Qualität der Arbeit setzt er natürlich in Relation zu seinem Output, seinem Gehalt, der Anerkennung, die er genießt etc..

Daraus ergibt sich seine spezifische Input/Output-Relation.

Diese vergleicht der Mitarbeiter natürlich mit der Input/Output-Relation seiner Kollegen bzw. der anderen Mitarbeiter im Unternehmen. Auch hier geht er oft fälschlicherweise von seinem subjektiven Eindruck aus. Das bedeutet sehr oft, dass er den Input Anderer als gering und den Output derer als hoch empfindet.

Dadurch kommt der Mitarbeiter bei diesem Vergleich für sich selbst zu dem Schluss, dass er ungerecht behandelt wird.

Die Input/Output-Relation des anderen ist viel besser.

Was kann der Mitarbeiter tun, um Gerechtigkeit zu erfahren? Wie gelingt es ihm, dass seine Input/Output-Relation mindestens genauso gut ist wie die Input/Output-Relation seines Kollegen?

Möglichkeit A: Er reduziert seinen Input!

Bei gleichem Gehalt arbeitet er einfach weniger. Das entspricht dann in etwas dem Tipp, den ich in der Überschrift erwähnt habe. Bei gleichem Gehalt reduziert er seinen Arbeitseinsatz. Dadurch verbessert sich die Relation und er empfindet wieder Gerechtigkeit!

Möglichkeit B: Er bittet seinen Chef um eine angemessene Gehaltserhöhung!

Natürlich würde sich auch dadurch die Relation wieder in Richtung Gerechtigkeit verändern und der Mitarbeiter wäre wieder zufrieden. Variante B ist auch sehr häufig der Grund für das Fordern einer Gehaltserhöhung ohne das in dem Gespräch explizit der Vergleich angesprochen wird.

Was aber passiert, wenn der Chef diesem Mitarbeiter die gewünschte Gehaltserhöhung nicht

geben kann, geben will oder nicht in gewünschter Höhe geben kann oder geben will?

Tritt dann Möglichkeit A in Kraft? Die Antwort lautet: „Ja!“.

Der einzige Ausweg wäre eine sinnvolle Erklärung, die dem Mitarbeiter einen anderen Blick auf die Relation gibt und entweder seinen subjektiv empfundenen hohen Input oder den viel zu hohen Output des Anderen relativiert.

Das ist aber in vielen Unternehmen nicht so einfach. Da gibt es historisch gewachsene „Problemmitarbeiter“ deren Arbeit man einfach nicht schön reden kann. Die kann man angeblich auch nicht freisetzen, weil das „zu teuer sei“. Schließlich arbeitet der Mitarbeiter ja schon so lange im Unternehmen und da würde das sehr viel Abfindung kosten.

Das sind dann aber genau die Mitarbeiter, mit denen sich „die Guten“ vergleichen. „Der geht immer pünktlich heim!“, „Der hat noch was vom Leben!“, „Wir müssen doch verrückt sein, dass wir uns den Allerwertesten aufreißen. Es geht doch auch anders wie man sieht!“,  „Warum tue ich mir das an? Für 500 Euro im Monat mehr? Vielleicht sollte man es mal wie der Mustermann machen. Dem geht es noch gut!“ oder eben „Wenn Du hier einen guten Stundenlohn haben willst, dann musst Du arbeiten wie der Mustermann!“ sind nur ausgewählte Sätze, die man immer wieder hört.

Vielleicht rauben genau diese Mitarbeiter deshalb den Leistungsbereiten die Lust an der Leistungserbringung? Vielleicht ist es deshalb „billiger“ den einen freizusetzen statt den geleisteten Input der anderen durch das Empfinden von Ungerechtigkeit zu reduzieren.

Alleine schon um niemals in diese Situation zu kommen, empfehle ich mindestens halbjährlich ein sogenanntes „Großes Mitarbeitergespräch“ um einem Mitarbeiter meine subjektive Sicht der Dinge mitzuteilen und seine Sicht zu erfahren. Nur so kann sich ein annähernd objektives Bild ergeben. Ich hinterfrage auch immer sein Gefühl der Gerechtigkeit. Nur so, um im Zweifel zu wissen, in welcher Richtung es Handlungsbedarf gilt.

Vielleicht muss ich etwas tun, um den Output des anderen zu erhöhen oder den empfundenen Input des anderen aus meiner Sicht zu bewerten.

Egal wie Sie es tun: Seien Sie also sensibel, wenn ein Mitarbeiter mit dem Wunsch einer Gehaltserhöhung kommt. Vielleicht hat er vor für eine „gerechte Entlohnung“ zu kämpfen!

Ich freue mich wie immer auf Ihre Meinung!

Herzliche Grüße

Ihr

Heiko Banaszak

post scriptum:

Die Theorie ist übrigens nicht von mir sondern von J. Stacy Adams aus den 60er Jahren und ist mir beim Hören dieses „Tipps“ wieder ins Gedächtnis gekommen. Meiner Meinung nach ist das eine der Theorien mit der höchsten Praxisrelevanz und der dafür doch sehr geringen Bekanntheit. Dies hoffe ich mit diesem Blogbeitrag etwas entgegengewirkt zu haben.

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