Wenn du gewinnen willst, musst du bis zum Schluss deine Leistung halten!

Es ist der 26. Mai 1999 und ich sitze mit Freunden vor dem Fernseher. Es steht 1:0 für den FC Bayern und – obwohl ich kein Bayern-Fan bin – wünsche ich mir meine Freunde und mich in diesem Moment ins Estadio Camp Nuo nach Barcelona. Wir wollen dabei sein, bei diesem historischen Moment des Champions League Sieges. Die reguläre Spielzeit läuft ab, die Nachspielzeit beginnt. Einige Ersatzspieler haben die Bank schon verlassen und tragen T-Shirts mit der Aufschrift: „Champions League Gewinner 1999“.

Dann aber entscheidet sich Markus Babbel, anstatt die Zeit locker runterzuspielen, an der rechten Außenbahn dafür, den Ball hoch in Richtung eigenes Tor zu schlagen. Seine Mitspieler können damit nichts anfangen und es kommt zur Ecke. David Beckham auf Einwechselspieler Teddy Sheringham: 1:1! Anstoß, ManU attackiert, holt wieder eine Ecke, wieder Beckham, Ole Gunnar Solskjaer im Nachschuss: 2:1. Nach dem Abpfiff durch Schiedsrichter Pierluigi Collina ist Bayern am Boden zerstört und ManU feiert im Himmel.

Erst im März 2010 und damit fast 11 Jahre später kann sich Bayern endgültig vom Trauma dieses Spiels befreien. Ivaca Olic trifft in der 2. Minute der Nachspielzeit im Champions League Halbfinale wieder gegen ManU zum 2:1 und öffnet damit die Tür zum Finale meilenweit.

Man muss eben bis zum Schluss hellwach sein und die Leistung abrufen, die einen zum Gewinner und nicht zum Verlierer stempelt!

Warum ich das schreibe? Ganz einfach: Weil das, was im Sport möglich ist, nämlich eine Revanche, im Geschäftsleben so gut wie nie eintritt!

Wer beim Kundenservice und seiner Leistung für den Kunden im letzten Moment schlapp macht, bekommt keine zweite Chance. Jedenfalls, wenn er es noch nicht einmal merkt und entsprechend gegensteuert.

Wie komme ich auf dieses Thema? Das möchte ich gerne schildern.

Wer meine Frau und mich kennt, weiß, dass wir gerne gut essen gehen. Meiner Frau sieht man das nicht an, mir leider in Grenzen schon. Und weil wir so gerne essen gehen, bekommen wir zu bestimmten Ereignissen öfter einmal einen Gutschein für ein Sternelokal geschenkt.

Es ist der 5. März 2011 und meine Frau Nadine und ich sind voller Vorfreude: Dieses Wochenende ging es nach Bad Neuenahr zu einem Zwei-Sterne-Koch, um einen Gutschein einzulösen, den wir vor längerer Zeit zu Weihnachten geschenkt bekamen. Da dies kein Pranger ist, sondern ein Blog, in dem Ideen entwickelt und Denkanstöße gegeben werden sollen, spare ich mir den Namen. Nur so viel: Der Koch steht regelmäßig in allen Rankings unter den Top 15 der deutschen Kochelite. Wir haben uns also tierisch gefreut, einen schönen Abend zu erleben.

Und, was soll ich sagen: Die ersten 220 Minuten nach der Ankunft im Restaurant waren klasse. Tolles Essen, toller Wein, schönes Hotelzimmer. Herz, was will man mehr! Der Abend ging sogar am Sonntag, 6. März in die Verlängerung: Sogar das Frühstück war klasse, die gebratene Blutwurst a la minute sogar die beste, die ich je gegessen habe.

Dann aber begannen auch hier die letzten Minuten. Es ging zum Auschecken. Uns gegenüber ein „Gegner“, der sich noch am Abend zuvor ganz anders präsentiert hatte: Die Frau des Kochs und somit die Gastgeberin höchstpersönlich.

Die Fakten in Allerkürze:

Unser Gutschein lautet auf: 2 Fünf-Gang-Menüs inkl. einer Übernachtung. Die Rechnung wird uns präsentiert. Nicht schön aber trotz anderslautendem Text auf dem Gutschein gerade noch so nachvollziehbar war, dass das Menü seit Ausstellen des Gutscheins pro Person 20 Euro teurer geworden sei und wir deshalb zu den Getränken noch nachzahlen müssten. Beim Nachrechnen blieb immer noch ein Betrag von 30 Euro Differenz. Dieser wurde erklärt, dass wir auch ein Zimmer einer höheren Kategorie gehabt hätten.

Nicht nachvollziehen konnte die Chefin offensichtlich, dass ich mir wenigstens gewünscht hätte, dass man mir das in der Buchungsbestätigung mitgeteilt hätte. Schließlich hatte man uns das Zimmer ja „freiwillig“, trotz Hinweis meiner Frau auf den Gutschein inkl. Angabe der Gutscheinnummer, gegeben. Es sei ja auch im hoteleigenen Gutschein von „Übernachtung“ die Rede und nicht von einer bestimmten Kategorie.

Da ich lediglich das Prinzip darstellen will: Die darauffolgenden Antworten und der gewählte Tonfall hätte ich schon in einem Schnellimbiss als unpassend empfunden.

Wer mich schon einmal in einem Seminar oder bei einer Vortragsveranstaltung erlebt hat, weiß, dass ich für guten Service lebe und nett versuche, meine Empfindungen zu schildern. Das führte nicht etwa zu einem freundlichen Einlenken, sondern zu einem aus meiner Sicht als sehr herablassend empfundenen „Was erwarten Sie jetzt von mir? Wenn Sie wollen, buche ich die 30 Euro eben auf die Kreditkarte zurück!“.

Ich aber sagte, dass sie die 30 Euro gerne dem Servicepersonal des gestrigen Abends geben solle. Die hätten es auch verdient!

Was ist das Fazit daraus:

1.   Man kann noch so gut sein. Wenn man den Schluss vergeigt, dann färbt das auf den Gesamtprozess ab.

2.   Auch diejenigen, die Top-Service erbringen – in diesem Fall der Koch und das Servicepersonal – sind abhängig von den übrigen Mitarbeitern, die im Kundenkontakt sind.

3.   Wenn man sensibel ist, geben ansonsten zufriedene Kunden einem immer die Chance kleinere Fehler noch mal ausmerzen.

4.   Wenn man es aber nicht ist, hinterlässt man sehr sehr unglückliche Kunden, selbst wenn diese erhebliche Glücksmomente während des Prozesses erlebt haben.

Und das allerwichtigste:

5.   Im Kundenkontakt gibt es bei schlechtem Service heute kein Rückspiel mehr! Ich werde diesen Koch entgegen unserer Gewohnheiten nicht wieder besuchen!

Die Karte, mit dem Menü des Abends wird aufgrund des herausragenden Essens dennoch an unsere „Wall of Fame“ irgendwo neben Bau und Bocuse wandern. Die Frage, wer der beste Koch von allen war, kann ich immer noch genauso klar beantworten wie vorher. Wer der Schlechteste war, nun auch. Obwohl: Ich werde den Koch in Schutz nehmen, denn der kann eigentlich doch gar nichts dafür!

Ich habe mich mit unserem Team heute Morgen aufgrund dieser Erlebnisse zusammengesetzt, um unsere Prozesse „nach dem eigentlichen Prozess“ noch mal auf den Prüfstand zu stellen. Ich kann Ihnen sagen: Das, was wir an Verbesserungspotenzial gefunden haben, war mehr Wert als die 30 Euro. Und: Beispiele für Vorträge und Seminare braucht man auch immer.

Deshalb ist mein Trauma zum Glück bei Weitem nicht so groß, wie das von Bayern damals, am 26. Mai 2005 im Stadion Camp Nuo in Barcelona!

Wie sind Ihre Erfahrungen? Gibt es auch bei Ihnen Momente, in denen Sie als Kunde bis kurz vor Schluss zufrieden waren und am Ende enttäuscht wurden?

Lassen Sie es mich wissen!

Ihr

Heiko Banaszak

4 Gedanken zu „Wenn du gewinnen willst, musst du bis zum Schluss deine Leistung halten!“

  1. Lieber Heiko,

    wirklich ein sehr guter Bericht. Habe darüber nachgedacht, aber eine solche Situation, wie Du sie schilderst, ist mir noch nicht passiert. Dass also in letzter Minute alles vorherige zunichte gemacht wurde.

    Aus meiner Sicht ist ein anderes Phänomen heutzutage weitaus häufiger, um nicht zu sagen alltäglich: Der Kunde wird nicht ernst genommen! Er möchte eine Leistung/ein Produkt kaufen und bezahlen, aber er bekommt sie/es einfach nicht.
    Das macht meinen Alltag schwer. Wie oft telefoniere ich Unternehmen hinterher und frage an, wann das Angebot kommt bzw. die bestellte (schlimmer noch: die für einen bestimmten Termin verbindlich zugesagte) Dienstleistung (Lieferung) erbracht wird.

    Man kann es auch positiv sehen: Es gibt genug zu tun und auch genug Kunden. Da kommt es auf den Einzlnen nicht mehr an.

    1. Lieber Dieter,

      danke für Deinen Kommentar.

      Es ist tatsächlich so: Manchmal wird es einem schwer gemacht, Geld auszugeben. Der Kunde als Bittsteller ist allerdings in transparenten Zeiten ein -ach ist die deutsche Sprache so schön bildhaft- „vorübergehendes“ Phänomen.

      Google aufrufen, Suchbegriff eingeben, anderen Anbieter wählen…fertig!

      Über 50 Prozent aller Kunden wechseln den Anbieter nicht wegen des Preises (das sind nur 7 Prozent) sondern wegen Missachtung!

      Missachtung -auch hier ist die deutsche Sprache wieder sehr anschaulich- lässt Achtung vor dem vermissen. Achtung vor den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden.

      Warum spricht man im Kaufhaus den Verkäufer inzwischen mit dem Satz an „Entschuldigung, ich will Sie nicht stören… Können Sie mir weiterhelfen?“?

      Eigentlich ist es ja deren Job, oder?

      Mit Deinem Fazit hast Du recht: Als Unternehmer lebt man davon, Dinge besser zu machen als andere. Wie schwer wäre das, wenn alle Champions League Niveau hätten?

      Ich wünsche Dir und Deinem Unternehmen weiterhin „Viel Erfolg“

      Heiko

    2. Hallo Herr Banaszak,

      ich kann mich da eher meinem Vor“redner“ anschließen: Leider fast täglich wird man als Kunde schon so empfangen wie Sie und Ihre Frau beim Sternekoch verabschiedet wurden! Zwei interessante Beispiele, bei denen ich mich gefragt habe, ob die Dienstleister eigentlich gar nichts verkaufen möchten, anscheinend genug Geld haben und keinen Gewinn verbuchen möchten?!?!

      2010:
      Wir planen den Bau einer 21 qm großen Holzterrasse. An 7 (!) Firmen habe ich eine E-Mail geschrieben mit der Bitte um ein Angebot – inklusive allen Maßen und benötigten Materialien (Holzdielen, Unterbauholz, Edelstahlschrauben), denn schließlich habe ich mich schon vor dem Bau mit dem Thema beschäftigt. Was soll ich sagen… Einer schrieb mir, dass er kein Angebot schreibt, wenn ich was brauche müsse ich in den Laden kommen! Und lediglich eine (!) Firma von sieben hat mir ein anständiges Angebot gesendet. Den Vergleich, den ich eigentlich wollte, hatte ich nicht, aber ich will mich ja nicht beschweren: Immerhin hatte ich nun einen Dienstleister gefunden, der mir seine Ware verkaufen wollte! Vielen Dank an die Firma Becher in Saarlouis!

      Vergangenen Freitag…
      Ein vereinbarter Termin um 12:00 Uhr im Brautmoden-Geschäft. Zusammen mit zwei „Beraterinnen“ wurden wir freundlich begrüßt und gebeten noch einen kleinen Moment auf der gemütlichen Sitzgruppe zu warten. Nach einer halben Stunde habe ich mich erdreistet und die daher schlendernde Verkäuferin freundlich und geduldig gefragt „Sie haben uns doch nicht vergessen?“ Antwort: „Nein!“ Ich: „Wann werde ich bedient?“ Verkäuferin: „Na wenn die Dame vor Ihnen fertig ist!“ Ich: „Na ja, ich hoffe das wird bald der Fall sein, denn der vereinbarte Termin war vor einer halben Stunde…“ Die Verkäuferin: „Deshalb kann ich jetzt aber nicht die andere Kundin rauswerfen, nur weil Sie einen Termin hatten!“ Ich: „Hm… drei Personen haben sich für heute einen Tag Urlaub genommen, da wäre es gut, wenn wir heute noch zum Ziel kommen würden.“ Verkäuferin: Sie kommen schon noch an die Reihe!“ Ich: „Wir können es auch bleiben lassen, ich habe heute noch einen anderen Termin!“ Und schon schaltete sie um in den „Freundlichkeits-Modus!“ und begann voller Eifer diverse Kleider anzuschleppen. Unser aller Lust war bereits vergangen. Als dann die Chefin um die Ecke kam und mit eiserner, steifer, hochmütiger Miene den Job übernahm verging mir noch mehr die Lust. Nach einer kurzen Anprobe sind wir raus gegangen und eins war klar: Hier kaufe ich nichts!
      Die freundlichen, aufgeschlossenen und herzlichen Damen im zweiten Geschäft waren eine wahre Entschädigung für das, was wir zuvor erlebt haben. Schon jetzt bin ich mir sicher, dass ich dort auch bis zum Schluss gut aufgehoben bin!

      Dies sind nur zwei Beispiele, es sind aber zwei Beispiele, bei denen es um Kaufsummen geht die jenseits von 3,50 Euro liegen – wenngleich man auch beim Bäcker, Metzger, Reifenhändler, Blumenhändler – ebenso als Kunde ernst genommen werden soll.

      Nun Herr Banaszak – es gibt viel zu tun, packen Sie es an!

      Schöne Grüße
      Sandra Kallenborn

      PS: Besuchen Sie beim nächsten mal lieber den Italienier in Ihrem Wohnort – gemütliche Atmosphäre, leckeres Essen, fantastische Weine und vor allem sehr freundliche Angestellte! 😉

      1. Hallo Frau Kallenborn,

        vielen Dank für die wirklich sehr bildhaft beschriebenen Beispiele. Das ist genau das, was ich meine:

        Warum macht man es einem Kunden manchmal so schwer, Geld auszugeben?

        Ich habe hinsichtlich meiner Trainings eine interessante Erfahrung gemacht: Das Unternehmen, das Geld in ein bestimmtes Training investiert ist meist in dem Themenkomplex schon auf einem guten Niveau und somit überdurchschnittlich gut.

        Nur wer schon weiß, worauf es ankommt, gibt auch Geld dafür aus. Und wer das schon im Vorfeld weiß, hat meist auch schon etwas an dieser Stelle selbst getan.

        Deshalb glaube ich, dass nur eines hilft: Bestrafung durch konsequenten Kaufentzug in Läden mit schlechtem Service.

        Dann verschwinden die schlechten und es kommen einige neue nach. Auch hier wieder Gute und Schlechte. Leider weiß man auch hier selten vorher, was einen erwartet. :-)

        Liebe Grüße und für die Hochzeit alles Gute

        Heiko Banaszak

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