Hilfe, wir frustrieren unsere Mitarbeiter!

Warum das manchmal so ist? Lesen Sie selbst!

Ich hatte vor zwei Wochen ein Vorstellungsgespräch mit einer echten Top-Fachkraft, also genau mit jener Personengruppe, die derzeit so begehrt und gesucht ist.

Der Mitarbeiter hatte sich sogar auf eigene Initiative beworben, was für solche Spezialpositionen eher ungewöhnlich ist. Das sind genau die Positionen, die man normal nicht über eine Stellenanzeige besetzen kann, sondern die ausschließlich unserer Spezialdisziplin, dem Headhunting, vorbehalten sind.

Was die neue Stelle denn bieten müsse, damit er auf Jahre hinaus glücklich ist und produktiv arbeiten und sich entwickeln könne, habe ich gefragt. Die Antwort hat mich überrascht:

„Nicht viel! Ich will nur, dass endlich auch mal wichtige Entscheidungen getroffen werden. Mein Chef bittet mich immer wieder etwas auszuarbeiten, Konzepte zu schreiben, Alternativen auszuloten. Das ist in diesem Moment auch immer sehr dringend, dann bleibt es am Ende aber wochenlang auf seinem Schreibtisch liegen. Ich will Gas geben, habe aber das Gefühl, derzeit gebremst zu werden.“

Der Chef hat also keine Zeit, Entscheidungen zu treffen. Das sorgt für Frustration und entfachte bei diesem Mitarbeiter erst den Wunsch eines Stellenwechsels.

Dieses Gespräch ging mir nicht mehr aus dem Kopf. Ist das wirklich ein Einzelfall oder kommt das häufiger vor als ich vielleicht gedacht hatte? Mache ich vielleicht selbst diesen Fehler als Chef?

Ich habe also die letzten beiden Wochen in jeder Seminarpause bei Teilnehmern das Thema locker angesprochen und auch meine Mitarbeiter gefragt.

Die Antwort unserer Graphikerin war zum Beispiel, dass ich vor kurzem doch mal ganz dringend eine Graphik für eine Präsentation haben wollte und dann erst zwei Wochen danach mit Änderungswünschen kam. Offensichtlich hätte es ja dazwischen nicht mehr die Priorität A gehabt.

Und was soll ich sagen: Sie hatte recht. Es kam ein wichtiges Projekt auf den Tisch und deshalb haben sich bei mir Prioritäten verschoben. Mein Fehler war, dass ich keine Rückmeldung gegeben habe und sich dadurch Frust bei dieser Mitarbeiterin aufgebaut hat, den ich noch nicht einmal bemerkt habe.

Meine Seminarteilnehmer berichteten mir von noch viel dramatischeren Fällen. Da werden Präsentation erstellt und Überstunden gemacht. Die Dinge werden präsentiert und für gut befunden und dann bleiben sie liegen, da Entscheidungen, die zur Umsetzung notwendig sind, nicht getroffen werden. Der Chef wäre selbst so oft in Sitzungen und Besprechungen oder so stark selbst im operativen Geschäft eingebunden, dass er einfach nicht dazu komme. Die nicht getroffenen Entscheidungen würden jeden Tag Geld vernichten, da eigentlich die Entscheidung selbst gar nicht mehr in Frage zu stellen ist.

Während der Durststrecke in den Jahren 2009 und 2010 hätte man viele Dinge auf den Prüfstand gestellt und viele Verbesserungsmöglichkeiten gefunden. Der Chef käme aber nicht zum Abarbeiten der entscheidungsreifen Vorlagen, weil es derzeit so viel zu tun gäbe.

Mir kam es vor wie bei dem alten Witz mit dem Holzfäller, der gefragt wurde, warum er so wenige Bäume gefällt habe:

„Chef, meine Axt ist inzwischen stumpf geworden!“

„Dann geh und schärf Sie doch!“

„Dafür habe ich keine Zeit! Ich muss doch den ganzen Tag Bäume fällen!“

Der Unterschied zwischen meinem erlebten Beispiel und dieser lustigen Anekdote ist, dass hier der Bewerber den Eindruck hatte, der Chef würde den Mitarbeiter daran hindern, die Axt zu schärfen!

Vielleicht tragen wir auch als Entscheider in vielen anderen Fällen dazu bei, dass die jährlich immer wieder für Aufsehen erregende Gallup-Studie zu dem Ergebnis kommt, dass etwa zwei Drittel der Beschäftigten in Deutschland eine geringe Arbeitszufriedenheit aufweisen und deshalb „unengagiert“ sind.

Was meinen Sie? Frustrieren wir unsere Mitarbeiter oder werden gar selbst frustriert? Was haben Sie selbst als Mitarbeiter oder als Chef schon erlebt? Was haben Sie oder Ihre Mitarbeiter empfunden?

Lassen Sie es mich wissen!

Ihr

Heiko Banaszak

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert